- 05.02.2007, 15:44:24
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Wiener Zeitung: Andreas Unterbergers Tagebuch
Energie- oder Pisa-Ferien
Wien (OTS) - Nur ergraute Menschen wissen noch, warum die gerade
ausgebrochene Urlaubswoche "Energieferien" heißt: Nämlich deshalb,
weil Bruno Kreisky in einem frühen Anfall von Energie-Panik durch
diese Ferien die Heizkosten in den Schulen reduzieren wollte.
Inzwischen weiß jeder: Das war eine Milchmädchenrechnung. In Wahrheit
wird durch diese Ferienwoche alljährlich eine Völkerwanderung in Gang
gesetzt, die durch Staus auf Autobahnen, Einsatz von Schneekanonen,
nächtliche Pistenbeleuchtung und bisweilen gar Fernanlieferung von
Schnee ein Vielfaches an Energie kostet, beziehungsweise an CO2
produziert.
Da aber alle die Ferien lieben, wird das ignoriert. Ebenso ist
niemandem bewusst, dass allein durch diese Woche Maturanten am Ende
ihrer Schulzeit etwa ein halbes Semester Unterricht verloren haben.
Fast ebenso viel an weiterer Unterrichtszeit kostete aber auch jene
Etappe der traditionsreichen Stuvak (Stundenverkürzungsaktion), die
Elisabeth Gehrer zu verantworten hat: die sogenannten schulautonomen
Tage, die meist zu kommoden Ferienwochen akkumuliert werden. Jetzt
endlich mucken die Elternvereine auf - aber nur deshalb, weil diese
autonomen Tage an jeder Schule anders geregelt werden. Das macht
vielen Eltern bei der Urlaubsplanung wie bei der Kinderbetreuung das
Leben schwer. Zusätzlich wurde ganz nebenbei auch der Samstag als
Schultag praktisch abgeschafft.
Dass das alles vielleicht auch die Qualität der Bildung unserer
Kinder reduziert, ist hingegen kaum wo ein Thema. Während gestritten
wird, ob man - mit hohen Kosten - die Schulpflicht um ein Jahr
verlängern sollte, denkt niemand nach, wie leicht die Schulzeit ohne
zusätzliche Kosten verlängert werden könnte. Man müsste nur ein paar
Nerven investieren, um der Lehrergewerkschaft, den Elternvereinen und
der Tourismuslobby das Stuvak-Ende beizubringen. Bei allen dreien (am
wenigsten noch bei den Eltern) wären ja 52-wöchige Ferien eher
mehrheitsfähig als deren Verkürzung.
Zugleich verfestigt sich immer mehr der Verdacht: Das ganze Gesummse
um Pisa und Kindergartenjahr war offensichtlich nur zu
parteipolitischen Zwecken angestimmt worden. Echte und erschwingliche
Lösungen interessieren hingegen nicht.
http://www.wienerzeitung.at/tagebuch
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