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"Tiroler Tageszeitung" Kommentar: "Schwerer Verlust" (Von MARIO ZENHÄUSERN)

Ausgabe vom 2. Jänner 2007

Innsbruck (OTS) - Liese Prokop ist tot. Der unerwartete Tod der Innenministerin löst tiefe Betroffenheit aus. Die 65-jährige Niederösterreicherin wird der österreichischen Politik fehlen. Eine Politik, die sie in den vergangenen Jahrzehnten wesentlich mitgeprägt hat. Ob als Landtagsabgeordnete, Landesrätin, Landeshauptmannstellvertreterin oder zuletzt als Innenministerin, immer stellte die ehemalige Spitzensportlerin die Menschen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Prokop brachte eine menschliche Komponente in das politische Tagesgeschäft, die wohl tat - und die ihr große Achtung von allen Seiten einbrachte.

Liese Prokop stand auch für Konsequenz. Als sie im Dezember 2004 im Innenministerium Ernst Strasser nachfolgte, erwarb sie sich bald den Ruf einer gleichermaßen unnachgiebigen wie fairen Verhandlerin. Hart, aber herzlich - zwei Begriffe, die ihre geradlinige Art charakterisieren, Dinge voranzutreiben.

Obwohl sie die Ausländergesetze verschärfte, gelang es ihr, das Verhältnis zu den murrenden Hilfsorganisationen zu beruhigen. Sie verwehrte sich gegen jede Art von rechten Auswüchsen (was immer wieder Konflikte mit dem Koalitionspartner BZÖ heraufbeschwörte), scheute sich aber auch nicht, Probleme wie die mangelnde Integrationsbereitschaft insbesondere der moslemischen Einwanderer offen anzusprechen. Nicht zuletzt zog sie die noch von ihrem Vorgänger initiierte Verschmelzung von Polizei und Gendarmerie ohne größere Konflikte mit den Belegschaftsvertretern durch. Das alles half ihr, in der Schlangengrube Innenministerium zu bestehen. Eine Prüfung, die sie letztlich mit Bravour bestand.

Die viel zitierte Handschlagqualität zählt heute leider nicht immer zu den Anforderungsmerkmalen unserer Volksvertreter. Liese Prokop hatte sie. Deshalb schmerzt ihr Tod umso mehr.

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