- 06.09.2006, 13:02:35
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Bayr zu Migration: Österreichische Politik muss Beitrag leisten
Weltbevölkerungsbericht: 95 Millionen Migrantinnen
Wien (SK) - "Ich freue mich, dass wir Gelegenheit haben, mitten im
Nationalratswahlkampf, wo es unglaubliches xenophobes Gerülpse gibt,
uns sachlich und fundiert mit dem Thema Migration
auseinanderzusetzen", sagte die entwicklungspolitische Sprecherin der
SPÖ, Petra Bayr, am Mittwoch in einer Pressekonferenz, bei der der
diesjährige Weltbevölkerungsbericht des United Nations Population
Fund (UNFPA) präsentiert wurde. Der Bericht unter dem Motto "Der Weg
der Hoffnung" befasst sich mit der Rolle der Frauen in der
internationalen Migration. "Die österreichische Politik ist
aufgerufen, einen Beitrag zu leisten", so Bayr, die auf eine
Außenpolitik hofft, die Reports wie diesen ernst nimmt. Die
Pressekonferenz fand auf Einladung der Österreichischen Gesellschaft
für Familienplanung (ÖGF) statt. Außerdem dabei: Elisabeth Hlavac,
SPÖ-Integrationssprecherin, Karl Öllinger, Familiensprecher der
Grünen, und Rogelio Fernandez-Castilla (UNFPA). ****
Castilla nannte in seinen Ausführungen konkrete Zahlen: Insgesamt
gibt es weltweit 191 Millionen MigrantInnen (Stand 2005). Etwa die
Hälfte davon sind Frauen (95 Millionen). Frauen emigrieren, weil sie
ihrer Familie nachfolgen, weil sie heiraten, weil sie arbeitslos
sind, weil sie wenig verdienen, weil sie keine Chancen in ihrer
persönlichen Entwicklung sehen und weil sie flüchten flüchten müssen.
Jede/r dritte Migrant/in lebt in Europa. Frauen erleben doppelte
Diskriminierung: Durch die Rolle als Frau und durch die Situation der
Migration.
Problematisch ist die Situation für Opfer des Frauenhandels. Mit
Frauenhandel werden jährlich 32 Mrd. US-Dollar verdient - neben
Waffen und Drogenhandel ist er die profitträchtigste Einkommensquelle
für das organisierte Verbrechen. Vom 14.-15. Sept. findet ein
UN-Treffen über internationale Migration und Entwicklung statt.
Bayr machte auf den "Braindrain" aufmerksam. So werden jährlich
20.000 ausgebildete afrikanische Krankenschwestern und Ärzte/innen
angeworben, um in Westeuropa und Nordamerika ihrem Beruf nachzugehen.
Dieser Verlust von Gesundheitspersonal ist eine der größten
Herausforderungen der internationalen Migration. Gerade im südlichen
Afrika, das 25 Prozent der weltweiten Last an Krankheiten trage, gebe
es nur 1,3 Prozent des weltweit vorhandenen Gesundheitspersonals. "In
Manchester gibt es mehr Malariaärzte als in Malawi", verdeutlichte
Bayr.
In Taiwan sei aus dem "Braindrain" ein "Braingain" geworden.
MigrantInnen bringen neu erworbene Fähigkeiten wieder zurück ins
Heimatland, der Staat bietet attraktive Rückkehrmöglichkeiten.
"Menschen die in andere Länder emigriert sind, überweisen einen
beträchtlichen Teil ihres Geldes in ihr Herkunftsland", so Bayr. 232
Mrd. US-Dollar - mehr als das Dreifache als an Entwicklungshilfe
geleistet werde.
"30 bis 35 Prozent der irregulären MigrantInnen sterben; sie
verhungern, ertrinken, verdursten, werden von skrupellosen Schleppern
ermordet", so Bayr. "Wir sind aufgerufen, neben der legalen Schiene
von geregelter Zuwanderung, den Menschen in ihren Heimatländern
Hoffnung zu geben." Österreich sei gefordert, politisch aktiv zu
werden: Erstens in der Frage der Entwicklungszusammenarbeit:
Armutsbekämpfung müsse an erster Stelle stehen, Wertschöpfung müsse
im eigenen Land bleiben. "Die Entwicklungshilfe muss endlich auf 0,7
Prozent des BNE erhöht werden", forderte Bayr. Zweitens müsse bei der
Umweltpolitik angesetzt werden.
Die UNO schätzt, dass es bis 2010 50 Mio. Umweltflüchtlinge geben
wird, daher seien konkrete Maßnahmen im Klimaschutz notwendig.
Drittens sei politisch kohärentes handeln gefragt: "Die
Wirtschaftspolitik darf den Süden nicht länger als reines
Rohstofflager sehen." Bayr sprach zudem die Problematik der
Vernichtung von agrarischen Überschüssen an. Bayr hofft auf eine
Politik mit Vernunft, Augenmaß und Weitblick.
Hlavac: Spracherwerb großzügig anbieten
Hlavac sprach die Situation der Migrantinnen in Österreich an. Ein
Teil der Migrantinnen müsse aus der Isolation herausgeführt werden,
da sie die Sprache nicht beherrschen und sich nur im Familienverband
aufhalten. Hlavac verwies auf einen Bericht der OECD, der aufzeigt,
dass sich das Ausbildungsniveau der 2. und 3. Generation
verschlechtere. Dies habe sich vor allem bei jungen Mädchen gezeigt.
"Auch das Heiratsalter ist gesunken", kritisierte die
SPÖ-Abgeordnete. Hlavac sprach sie dafür aus, Spracherwerb
großzügiger anzubieten. "In Wien erfreuen sich die 'Mama lernt
Deutsch'-Kurse regem Zulauf, aber auch ein kostenloses Vorschuljahr
ist eine Maßnahme, um das Sprachniveau zu erhöhen." Mangelnde
Sprachkenntnisse würden zudem zu erheblichen Schwierigkeiten bei der
medizinischen Betreuung führen.
Problematisch sei auch, dass die Qualifikation von MigrantInnen oft
verloren gehe, da sie in Österreich nicht anerkannt werde. "Hier muss
man ansetzen - mit mehr Transparenz und einer einheitlichen
Vorgangsweise", so Hlavac. Zum Thema Pflege sagte Hlavac, dass die
erste Gastarbeiterwelle in den 60er Jahren stattgefunden habe, und in
Zusammenhang mit dem Thema Pflege auch der kulturelle Hintergrund
berücksichtigt werden müsse. Hlavac wünscht sich eine bessere
internationale Zusammenarbeit, Opfer- und Zeugenschutzprogramme für
z.B. von Sexarbeit betroffene Frauen und fordert zudem Aufklärung bei
Ärzten, Krankenhauspersonal aber auch bereits im Kindergarten über
das Thema FGM. (Schluss) sk
Rückfragehinweis:
Pressedienst der SPÖ
Tel.: 01/53427-275
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