• 20.08.2006, 20:11:43
  • /
  • OTS0043 OTW0043

"Kleine Zeitung" Kommentar: "Auch der islamische Terror wird sich die Zähne ausbeißen" (Von Günter Lehofer)

Ausgabe vom 21.08.2006

Graz (OTS) - Die Notwendigkeiten des täglichen Lebens nötigen zum
Fatalismus.

So nah war die Bedrohung noch nie. Mit diesen Worten über den
jüngsten Terrorfall versuchte der deutsche Innenminister Wolfgang
Schäuble sein lange geplantes Antiterrorpaket politisch
durchzusetzen. Aber der Terror war seit vielen Jahren "so nah".

Es gibt den weit verbreiteten Irrtum, dass der islamische Terror erst
von der Politik von US-Präsident George Bush erzeugt worden wäre.
Osama bin Laden, die Hauptfigur des neuen Terrors, entschied sich
schon zur Zeit von Präsident Bill Clinton dafür. Der zweite weit
verbreitete Irrtum ist, dass Kritik an George Bush vor dem Terror
schützen könne. Das ist simple Propaganda. Sie wird in moslemischen
Gesellschaften Erfolg haben, wegen Palästina, wegen dem Irak. Aber in
Europa sollten wir solche Illusionen nicht haben. Niemand ist vor dem
Terror sicher.

Der Kern und der Antrieb dieses Terrors entstanden aus dem tiefen
Frust von gebildeten, manchmal reichen Moslems, dass ihre Religion
und Gesellschaft im Wettbewerb mit dem Westen seit Jahrzehnten immer
wieder verliert. Dabei wissen die Moslems, dass ihr Modell viele
Jahrhunderte erfolgreicher gewesen ist als das damalige Abendland.
Aber noch hat keine größere islamische Gesellschaft, kein wichtiger
Staat den Weg aus der gegenwärtigen Sackgasse gefunden. Das
Grundübel, die Verweigerung der Modernität, liegt als riesiger
Hindernisblock vor der angestrebten und nötigen Entwicklung.

Der heutige Terror ist die mörderische Antwort auf diese Lage. Die
Sackgasse soll mit Bomben gesprengt werden. Aber der Terror wird sie
nicht aufsprengen können. Er wird erfolglos bleiben. Dazu müssen drei
Dinge angemerkt werden. Erstens sind unter den Moslems nur ganz
wenige bereit, solchen Terror auszuüben. Zweitens richtet er sich
nicht nur gegen den Westen, sondern ebenso brutal gegen Moslems, die
nicht so fanatisch sind. Die Grenzlinie verläuft also nicht zwischen
uns und dem Islam. Drittens, leider, nützt diese Erkenntnis wenig für
den tagesaktuellen Kampf gegen den Terror. Wenn die zornigen jungen
Männer mit den Bomben unterwegs sind, helfen keine Grundsätze mehr.

So bleibt das Restrisiko, das sich nicht mit Polizeimaßnahmen, nicht
mit Außenpolitik, nicht mit netten Worten wegmachen lässt. Die vom
Terror betroffenen Menschen haben die einzig mögliche Antwort
gefunden. Sie fliegen weiterhin in Scharen, sie fahren U-Bahn, sie
verwenden Bahnhöfe und Züge. An diesem vom täglichen Leben
erzwungenen Fatalismus wird sich der Terror die Zähne ausbeißen.****

Rückfragehinweis:
Kleine Zeitung
Redaktionssekretariat
Tel.: 0316/875-4032, 4033, 4035, 4047
mailto:redaktion@kleinezeitung.at
http://www.kleinezeitung.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | PKZ

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel