• 18.08.2006, 12:20:13
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6 Wochen vor der Nationalratswahl: ÖVP-Parteizentralen übernehmen österreichweit die Lehrerausbildung

ÖVP-Partei-Personalstalinismus im oberösterreichischen Hochschulrat

Linz (OTS) - Es sei fast alles Unrecht, was hier geschieht und
habe mit einer aufgeklärten Demokratie des 21. Jahrhunderts nichts zu
tun, kritisierten Landeshauptmann-Stv. DI Erich Haider,
SPÖ-Klubobmann Dr. Karl Frais und Nationalrat Josef Broukal am
Freitag bei einer Pressekonferenz in Linz die Vorgänge rund die
Bestellung des neuen Direktors der Pädagogischen Hochschule in Linz.
Die SPÖ wird Widerstand leisten, um wieder demokratische Verhältnisse
herzustellen und appelliert an Ministerin Gehrer, ein solches Unrecht
nicht durchgehen zu lassen und fachlich zu entscheiden.

Bei der Besetzung des Hochschulrates - jenes Gremiums das
hauptverantwortlich für die Erstellung des 3er-Vorschlags für den
Rektorsposten der Pädagogischen Hochschule ist - bewies die ÖVP
erneut, dass sie Talent zu personalstalinistischem Vorgehen hat: 5
von 5 Mitgliedern gehören der ÖVP-Gesinnungsgemeinschaft an oder
stehen ihr politisch nahe. Damit eine Mehrheit aber jedenfalls immer
gewährleistet ist, sind sogar 3 der 5 Hochschulratsposten mit
ÖVP-Hardlinern aus der CLV-Riege besetzt:

Fritz Enzenhofer, amtsführender LSR-Präsident und CLV-Vorsitzender
Dr. Johannes Riedl, LSR-Präsident i. R. und ehem. CLV-Vorsitzender
Wolfgang Haider, ÖVP/CLV-Fraktionschef im LSR-Kollegium

dazu kommen die ebenfalls der ÖVP gesellschaftspolitisch nahe
stehenden

Dr. Marianne Gumpinger, Fachhochschule Linz
o. Univ.-Prof. DDr. Johann Brunner, Universität Linz

Ernannt wurden Wolfgang Haider, Marianne Gumpinger und Johann Brunner
zwar von BM Gehrer, es wird allerdings kolportiert, dass diese auf
Vorschlag von Landeshauptmann Pühringer ausgewählt wurden. Johannes
Riedl ist vom Land Oberösterreich vorgeschlagen worden und Fritz
Enzenhofer ist laut Gesetz im Hochschulrat vertreten.

Mit dieser Besetzung wurde die Zugehörigkeit zur
ÖVP-Gesinnungsgemeinschaft als zentrales Auswahlkriterium in der
oberösterreichischen Bildungslandschaft auf Dauer einzementiert - wie
schon der aktuelle 3er-Vorschlag für den Rektorsposten der
Pädagogischen Hochschule beweist.

"Wie anhand der Besetzung des Hochschulrats und dem Vorschlag für den
Rektorsposten klar ersichtlich wird, richtet die ÖVP ihre
Bildungspolitik danach aus, wie sie ihren Partei-Einfluss auf das
Bildungssystem maximieren kann", kritisiert
Landeshauptmannstellvertreter Dipl.Ing. Erich Haider. Dies zeige sich
auch bei den willkürlichen Strukturveränderungen bei der
Fachhochschule in Oberösterreich und der Auswahl der
Schulaufsichtsorgane.

Der entscheidende Unterschied zum Personalstalinismus alter Prägung
ist, dass die ÖVP ihre Personalentscheidungen in das Mäntelchen einer
Pseudo-Objektivität bzw. in die Hände eines (mit ÖVP-Leuten
besetzten) sogenannten unabhängigen Gremiums legt.

Entscheidung für ÖVP-Mann Ratzinger, um "Harmonie" zu gewährleisten

Landesschulratspräsident Enzenhofer erklärte in einer Stellungnahme
nach Veröffentlichung des 3er-Vorschlags für den Rektorsposten, dass
es den Hochschulratsmitgliedern darum gegangen sei, Harmonie im
3-köpfigen Leitungsteam zu gewährleisten. Als Vizerektorinnen seien
Regina Führlinger und Ellonora Feichtner vorgesehen. Frais erklärt
dazu: "ÖVP-Partei-Harmonie ist offenbar dann gegeben, wenn besser
qualifizierte Unabhängige oder gar der SPÖ nahe stehende
Persönlichkeiten gegen ÖVP-Parteigänger ausgetauscht werden".

Gesetzesbruch im Auswahlverfahren

Die ohnehin schwache Position der Dienststellenvertretung wurde vom
ÖVP-Hochschulrat unter Missachtung der gesetzlichen Vorschriften
zusätzlich geschwächt. Obwohl die gesetzliche Verpflichtung besteht,
die Bewerberliste für die Position des Rektors sowie der Vizerektoren
dem Dienststellenausschuss zu übermitteln, ist dies nicht erfolgt.
Die Dienststellenvertretung wurde also nicht nur gesetzlich von der
Mitwirkung an der Auswahl der Führungspositionen ausgeschlossen,
sondern unter Gesetzesbruch nicht einmal über die ausgewählten
Kandidaten informiert. Eine 3er-Mehrheit im Personalausschuss
(darunter 2 SLÖ- und ein CLV-Vertreter) haben bereits angekündigt
Einspruch beim Ministerium zu erheben.

Fleißaufgabe um ÖVP-Rektor abzusichern

Aufgabe das Hochschulrats ist es, einen 3er-Vorschlag für den
Rektorsposten zu erstellen - das hat der Hochschulrat auch getan.
Zusätzlich hat der Hochschulrat noch einen zweiten Beschluss gefasst
und an Gehrer übermittelt, in dem er feststellt, dass der
Erstgereihte ernannt werden soll. Für Frais eine Absicherung durch
Enzenhofer, um dem aus nicht nachvollziehbaren Gründen nur
zweitgereihten Pädak-Direktor Fragner jede Chance zu nehmen.

Es geht allerdings nicht primär um die Frage Fragner gegen Ratzinger,
sondern um die eingeforderte nachvollziehbare Begründung für die
Personalauswahl, die Enzenhofer und die ÖVP bislang verweigert haben.

Keine Nachvollziehbarkeit des Auswahlverfahrens gewährleistet

Unmittelbar nach bekannt werden der Entscheidung des Hochschulrats
hat SP-Klubobmann Dr. Karl Frais die Offenlegung aller
Entscheidungsgrundlagen gefordert - eine Forderung die trotz
mehrfacher Wiederholung bis zum heutigen Tag ohne Begründung
unerfüllt blieb. "Wie man hört, weichen die Aussessment-Ergebnisse
des Hochschulrats klar von jenen des externen Personalberaters ab.
Darin wird der Grund liegen, warum die ÖVP die Ergebnisse des
Auswahlverfahrens geheim halten will", stellt Frais fest.

Der SP-Klubobmann appelliert daher an Univ.Prof. Dr. Brunner und
Fachhochschul-Professorin Dr. Gumpinger sich nicht als Feigenblatt
für diese jeder Autonomie Hohn sprechenden ÖVP-Machtwillkür
missbrauchen zu lassen. "Ich erwarte mir von den Beiden - im Sinne
ihrer persönlichen Reputation und wissenschaftlichen Ehrenrettung -,
dass sie auf ihre ÖVP-Bestellung verzichten und unverzüglich ihre
Mitgliedschaft im Hochschulrat zurücklegen.

Top-Kandidat für Vizerektor wegen SP-Nähe vorzeitig ausgeschieden

Fragners Schicksal ist in Oberösterreich kein Einzelfall. Auch Mag.
DDr. Peter Schürz, der neben seiner akademischen Qualifikation 5
Jahre Vorsitzender der Studienkommission in der Pädagogischen
Akademie des Bundes in Linz und sogar 6 Jahre Leiter des
internationalen Büros an der Pädak war, wurde wegen seiner SP-Nähe
nicht einmal zu einem Hearing eingeladen. Er ist an der Pädak als
Professor tätig und hält auch Fortbildungskurse am Pädagogischen
Institut - wäre also in beiden Elementen vertreten, die nunmehr als
Pädagogische Hochschule zusammen geführt werden. Anstatt diesen
Top-Kandidaten in die engere Auswahl für die Vizerektorenstelle zu
nehmen, hat ihm Enzenhofer schlicht geschrieben, dass er leider nicht
in die engere Wahl gezogen werde und deshalb keine Einladung zu einem
weiteren Gespräch erfolge. Nachvollziehbarkeit und Transparenz
spottet auch diese Personalentscheidung.

Ausblick

Es ist bekannt, dass Gehrer in den nächsten Tagen die Rektoren und
Vizerektoren ernennen wird. Das bedeutet für Österreich, dass in
allen acht öffentlichen pädagogischen Hochschulen ÖVP-Leute die
Leiter der Lehrerausbildung werden.

Gehrer hat es also mit ihrer Methode geschafft, drei SP-nahe
Direktoren der bisherigen Akademien (Wien, Kärnten, Oberösterreich)
zu entfernen. In den SP-geführten Bundesländern Salzburg und
Steiermark wurden hingegen die bisherigen schwarzen Direktoren der
Pädaks auch als Rektoren für die Pädagogischen Hochschulen
vorgeschlagen. Die SPÖ wird bei einem entsprechenden Wahlergebnis
dieses ÖVP-Parteisystem abschaffen und auf gesetzlicher Ebene ein
neues System entwickeln, um zu gewährleisten, dass Demokratie,
Kompetenz und Erfahrung in Personalentscheidungen wieder mehr zählen
als der Wille der ÖVP-Parteizentrale.

Rückfragehinweis:
SPÖ Landtagsklub
Mag. Andreas Ortner
Tel.: (0732) 7720-11313

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