• 13.06.2006, 17:43:34
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Roth-Halvax enthüllt Porträt von Olga Rudel-Zeynek im Parlament Erste weibliche Bundesratspräsidentin war weltweit Pionierin

Wien (PK) - Bundesratspräsidentin Sissy Roth-Halvax enthüllte heute
im Parlament ein Porträt von Olga Rudel-Zeynek. Das von Helga Druml
gemalte Bild erinnert an eine Pionierin des österreichischen
Parlaments. Rudel-Zeynek war von 1. Dezember 1927 bis 31. Mai 1928
Präsidentin des Bundesrats und damit weltweit die erste Frau, die an
der Spitze einer gesetzgebenden Körperschaft stand. Erst ab 1950 gab
es auch in anderen Parlamenten weibliche Vorsitzende.

Bundesratspräsidentin Roth-Halvax, die zur Porträtenthüllung neben
Mitgliedern der Familie Zeynek u.a. auch ihre AmtsvorgängerInnen
Herwig Hösele und Uta Barbara Pühringer sowie die
Fraktionsvorsitzenden der SPÖ und der Grünen im Bundesrat, Albrecht
Konecny und Stefan Schennach, begrüßen konnte, hielt in ihrer
Ansprache fest, sie habe während ihres kurzen Vorsitzes im Bundesrat
viele Initiativen gesetzt, dieser heutige Nachmittag sei ihr aber
besonders wichtig. Olga Rudel-Zeynek sei in der Tat eine
"außergewöhnliche, mutige und starke Frau" gewesen, betonte sie, es
sei ihr daher eine große Freude und ein Bedürfnis, dieser Frau ein
Denkmal zu setzen. Einiges, das Rudel-Zeynek initiiert habe, sei, so
Roth-Halvax, heute noch aktuell, etwa ein Alkohol-Abgabeverbot an
Jugendliche.

Die Beschreibung Rudel-Zeyneks als "Biene des Parlaments" durch
einen damaligen Abgeordneten-Kollegen veranlasste Roth-Halvax zu
einem Schwenk in die Gegenwart. Bei manchen Männern ihrer Generation
seien ähnliche Verhaltensweisen festzustellen, sagte sie. Es werde
zwar das Engagement und der Fleiß von Frauen gelobt, aber nicht mit
den entsprechenden Positionen belohnt. In der jüngeren Generation
sieht sie jedoch Veränderungen.

ÖVP-Abgeordneter Gertrude Brinek stellte die 1972 in Villach
geborene Malerin des Porträts, Helga Druml, vor und wies darauf hin,
dass diese in Nötsch im Gailtal aufgewachsen sei und durch die
starke Sinnlichkeit der Maler des "Nötscher Kreis" um Franz Wiegele
und Anton Kolig inspiriert wurde. Daneben habe sie aber auch
Michelangelo Caravaggio als großes Vorbild, skizzierte sie. Druml
studierte Malerei an der Hochschule für angewandte Kunst in den
Meisterklassen Frohner und Oberhuber, schloss aber auch ein
Philosophie-Studium an der Universität Wien ab.

Druml arbeitet, wie Brinek schilderte, gerne mit Ausschnitten und
mit Kontrasten und rückt das zentrale Motiv oft auf die Seite des
Bildes. Das von Roth-Halvax enthüllte Porträt zeigt Rudel-Zeynek
sitzend an ihrem Schreibtisch, hinter ihr, im Zentrum des Bildes,
ein schwarzhaariger Junge mit Victory-Zeichen, der nicht zuletzt an
das Engagement Rudel-Zeyneks für Kinder erinnern soll.
Sie sei froh, dass das Porträt von Olga Rudel-Zeynek ein modernes
Porträt geworden ist, sagte Brinek, "und kein verstaubtes, steifes"
wie viele öffentliche Porträts.

Dass ein Frau an der Spitze des Bundesrats Ende der 20-er Jahre des
vorigen Jahrhunderts keine Selbstverständlichkeit war, zeigt ein
Ausschnitt aus der Antrittsrede Rudel-Zeyneks: "Dass ich heute auf
diesem Platze stehen darf, danke ich der bei uns in Österreich in
jeder Hinsicht durchgeführten Demokratie und ich hoffe und bitte,
dass Sie als echte Demokraten der Tätigkeit der ersten Frau, die an
die Spitze einer parlamentarischen Körperschaft berufen worden ist,
Ihre kollegiale Unterstützung gewähren werden", sagte sie. Und
Richard Steidle, Nachfolger als Bundesratspräsident, sah sich zu
folgender Bemerkung veranlasst: "Wenn es eines Beweises für die
Eignung der Frau zu solch öffentlicher Würde bedurft hätte, unsere
Kollegin Frau Rudel-Zeynek hat ihn erbracht."

Olga Rudel-Zeynek

Olga Rudel-Zeynek entstammte einer altösterreichischen, katholisch
geprägten Beamtenfamilie und wurde am 28. Jänner 1871 in Olmütz
geboren. Sie erhielt die in guten Familien übliche Erziehung für
Mädchen, absolvierte eine Bürgerschule und anschließend eine Höhere
Töchterschule im Ursulinen-Kloster in Freiwaldau. 1892 übersiedelte
ihre Familie nach Wien. Dort heiratete Olga von Zeynek 1897 auch den
Offizier Rudolf Rudel, von dem sie sich jedoch im Mai 1918 wieder
trennte.

Nach der Ausrufung der Republik und der Zuerkennung des aktiven und
passiven Frauenwahlrechts engagierte sich die mittlerweile in Graz
lebende Rudel-Zeynek im Wahlkampf für die Konstituierende
Nationalversammlung, blieb jedoch vorerst ohne Mandat. Dafür gelang
ihr im Mai 1919 der Einzug in den steiermärkischen Landtag. 1920
wechselte Rudel-Zeynek dann doch in den Nationalrat und kämpfte bis
Mai 1927, als ihr Mandat erlosch, unter anderem für die Interessen
einzelner Frauenberufsgruppen, für eine bessere Mädchenbildung, für
Kinder- und Jugendschutz und gegen Frauenarbeitslosigkeit und
"sittliche Verwahrlosung".

1927 kandidierte Rudel-Zeynek nicht mehr für den Nationalrat,
stattdessen entsandte der steiermärkische Landtag sie am 21. Mai
1927 in den Bundesrat, dessen Mitglied sie bis zu seiner Auflösung
Ende April 1934 blieb. Zweimal, vom 1. Dezember 1927 bis zum 30. Mai
1928 und vom 1. Juni bis zum 30. November 1932, führte sie den
Vorsitz in der Länderkammer.

Nach Ende des demokratischen Parlamentarismus verlegte sich Rudel-
Zeynek verstärkt auf karitative Tätigkeiten und ging auch ihrer
schriftstellerischen Tätigkeit nach. Sie erlebte noch die
Wiedererrichtung des freien Österreich, doch verzichtete sie auf
weitere politische Aktivitäten. Im August 1948 starb Rudel-Zeynek an
den Folgen eines Schlaganfalls.

Eine von der Parlamentsdirektion im Jahr 2003 herausgegebene
Broschüre erinnert nicht nur in Form eines von Andrea Ertl
verfassten Porträts an Olga Rudel-Zeynek als Pionierin im Parlament,
sondern enthält auch Kurzbiographien weiterer bedeutender
Bundesrätinnen, einen Überblick über die Entwicklung des
Frauenanteils im Bundesrat und einen Beitrag über Aufgaben und
Arbeitsweise des Bundesrats.

HINWEIS: Fotos von der Porträtenthüllung finden Sie – etwas
zeitverzögert – auf der Website des Parlaments im
http://www.parlament.gv.at/pls/portal/url/PAGE/SK/FOTOALBUM/:
http://www.parlament.gv.at

(Schluss)

Eine Aussendung der Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272, Fax. +43 1 40110/2640
e-Mail: pk@parlament.gv.at, Internet: http://www.parlament.gv.at

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