• 10.03.2006, 16:09:13
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WirtschaftsBlatt Kommentar vom 11.3.2006: Wahl: Ein Jolly Joker könnte Schüssel retten - von Peter Muzik

Wien (OTS) - Österreichs Parteienlandschaft befindet sich in einem
dramatischen Umbruch: Nachdem das so genannte Dritte Lager drauf und
dran ist, auf der Müllhalde der Geschichte zu landen, wie es "Die
Presse" gestern relativ pathetisch formuliert hat, zeichnen sich
heftige Kämpfe um das politische Vakuum ab. Der Stimmzettel bei der
nächsten Nationalratswahl im Spätherbst wird jedenfalls ganz anders
aussehen als gewohnt: Abgesehen von Jörg Haiders orangem BZÖ, dem die
Meinungsforscher derzeit ein Debakel prophezeien, könnten, so wie’s
aussieht, auch andere Newcomer Premiere feiern.
EU-Parlamentarier Hans-Peter Martin, der sich der Sympathien von
"Krone"-Boss Hans Dichand erfreuen darf, denkt an die Gründung einer
Bürgerplattform, die sich für mehr Demokratie und Gerechtigkeit stark
macht. Dem ziemlich eigenwilligen Einzelkämpfer wäre es zuzutrauen,
allein mit ein paar gängigen Schlagworten und ohne grossartige
Wahlkampfmittel - so wie bei der Europa-Wahl - ein respek-tables
Resultat zu schaffen. Er käme automatisch für jenes Wählerpotenzial
in Frage, das mit keiner der etablierten Parteien etwas anzufangen
weiss.
Eine - aber durchaus vorstellbare - Sensation wäre es, wenn auch
Finanzminister Karl-Heinz Grasser mit einer eigenen Liste zur Stelle
wäre, was er in einem Interview schon zart angedeutet hat. Sein
Sunnyboy-Image samt liberaler Punzierung könnten ihm einen
beachtlichen persönlichen Erfolg bescheren - immerhin denken laut
aktueller Umfrage der Illustrierten "News" nicht weniger als 22
Prozent von 400 Befragten daran, ihm ihre Stimme zu geben.
Falls also die beiden Jolly Joker tatsächlich antreten, käme es nach
menschlichem Ermessen zu einem politischen Erdbeben ersten Ranges:
Dann würde zum einen das zur Stunde bis zur Unsichtbarkeit
unauffällige BZÖ endgültig jede Chance verspielen, in den Nationalrat
einzuziehen; zum andern würde Haider-Imitator Heinz-Christian Strache
mit den Resten der blauen FPÖ an den Rand des politischen
Existenzminimums abdriften - auf vielleicht fünf, sechs Prozent; auch
die Grünen, die sich einstweilen noch Hoffnungen machen, diesmal die
Nummer drei zu werden, kämen vermutlich nicht ohne Blessuren der
Marke Martin davon; schliesslich hätte es auch die SPÖ, die derzeit
bei allen Meinungsforschern in Front liegt, ungleich schwerer, den
erhofften Triumph zu schaffen.
Einziger Profiteur einer bunteren Parteienlandschaft wäre damit die
Volkspartei, sprich Wolfgang Schüssel. Er könnte die drohende
Niederlage mit Hilfe von Karl-Heinz Grasser noch im letzten Moment
abwenden - und an der Macht bleiben.

Rückfragehinweis:
WirtschaftsBlatt
Redaktionstel.: (01) 60 117/305
http://www.wirtschaftsblatt.at

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