• 23.11.2005, 14:27:20
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EU: Einigung um Zuckerreform bleibt weiterhin offen

Österreich deponierte bei Kommission und Vorsitz Forderungen für Kompromiss

Brüssel (AIZ) - Die Verhandlungen um eine Reform der
EU-Zuckermarktordnung in Brüssel laufen heute den ganzen Tag über mit
trilateralen Gesprächen zwischen Kommission, britischer
Ratspräsidentschaft und den Landwirtschaftsministern einzelner
Mitgliedstaaten weiter. In einer allgemeinen Tischrunde gestern
Nachmittag wurde klar, dass einer Reihe von Mitgliedstaaten die
ersten Zugeständnisse der Kommission und des Vorsitzes in einem zuvor
den Ministern übermittelten Kompromisspapier noch nicht weit genug
gehen. Landwirtschaftsminister Josef Pröll beurteilte gegenüber dem
AIZ die Chance auf die Einigung auf einen noch tragbaren Kompromiss
weiterhin nicht sehr euphorisch und macht sie von Bewegung auf Seite
von Kommission und britischem Vorsitz abhängig. Die Ratstagung soll
dann am späten Nachmittag mit allen Ministern wieder fortgesetzt
werden. Ob die britische Ratspräsidentschaft die in den trilateralen
Gesprächen gewonnenen Erkenntnisse über die Meinungsbildung der
Mitgliedstaaten bis dahin schon in ein neues Kompromisspapier
gegossen haben wird und wie weit dieses gehen könnte, ist offen.
Damit wird auch zunehmend fraglich, ob eine Einigung, wenn überhaupt,
noch heute, selbst wenn die Minister eine Nachtschicht einlegen,
erreichbar ist.

Die Forderungen konzentrieren sich vor allem darauf, dass
Österreich die Senkung des Zuckerpreises um 39% und des Rübenpreises
um 42,6% zu weit geht und die angebotene 60%ige Ausgleichszahlung an
die Rübenbauern zu gering ist. Pröll deponierte dies und eine Reihe
weiterer Forderungen Österreichs, auch nach Möglichkeiten nationaler
Abfederung und Spielraum bei der Umsetzung der Reform, heute am
Vormittag bei Ratsvorsitz und Kommission. Die Forderungen nach
zusätzlichem nationalen Spielraum bei der Umsetzung und für
Maßnahmen, die den heimischen Rübenbauern helfen sollen, sich in
einem künftig deutlich verschärften Wettbewerbsklima behaupten zu
können, kamen unter anderem durch eine Lobbying-Initiative von
Rübenbauern-Präsident Ernst Karpfinger zu Stande. Karpfinger verfolgt
die Ratstagung in Brüssel mit und steht in Kontakt mit dem Minister.

Mehrere Länder fordern weniger Preissenkung und mehr Ausgleich

Geringere Preissenkungen und höheren Ausgleich fordert neben
Österreich in unterschiedlichem Ausmaß auch eine Gruppe von elf
Mitgliedstaaten, die durch die Reform ihre Zuckerproduktion gefährdet
sehen, sowie die Niederlande und möglicherweise Deutschland. Die
Gruppe der elf besteht im Großen und Ganzen aus neuen Mitgliedstaaten
der EU sowie aus Italien und Irland. Mit Spannung wird die definitive
Positionierung des neuen deutschen Landwirtschaftsministers Horst
Seehofer (CSU) zur Kernfrage Preissenkung und Ausgleich erwartet.
Seehofer wurde gestern in Berlin angelobt und steigt heute in die
Ratstagung ein.

Restrukturierungsfonds scheint gegessen zu sein

Nationale Einzelforderungen stellen auch die Minister einer Reihe
weiterer Mitgliedstaaten. Obwohl einige Länder wie Italien, Spanien
und Polen ihre Totalopposition gegen die vorgeschlagene Radikalreform
offensichtlich aufgegeben haben, gilt eine Mehrheitsbildung nach wie
vor als ungewiss und wegen der Vielfalt der Einzelforderungen als
schwierig. Jedoch scheint nun eine breite Mehrheit der
Mitgliedstaaten die von Vorsitz und Kommission nachgebesserten
Vorschläge für die Einrichtung eines Restrukturierungsfonds zu
unterstützen. Dieser Fonds soll mit Mitteln, die von der
Zuckerindustrie und den Rübenbauern aufgebracht werden, finanzielle
Anreize für Fabriken und Landwirte bieten, in weniger
wettbewerbsfähigen Lagen die Produktion einzustellen. Damit will die
EU die durch ein WTO-Panel und die ab 2009 voll greifende
Marktöffnung gegenüber den Entwicklungsländern notwendige
Einschränkung der Zuckerproduktion in der EU freiwillig statt mit
linearen Quotenkürzungen erreichen.

Die Gruppe der Länder, die die Reform auf alle Fälle ablehnen, hat
sich dem Vernehmen nach praktisch auf Griechenland und Portugal
reduziert. Die Gruppe, die mit der Reform beziehungsweise mit den
Nachbesserungen schon zufrieden ist, oder der die Reform sogar nicht
weit genug geht, schart sich um Großbritannien, Schweden und
Dänemark.

Wie gestern demonstrierten auch heute wieder vor dem Brüsseler
Ratsgebäude belgische Rübenbauern gegen die aus ihrer Sicht zu
radikalen Reformpläne der Europäischen Kommission.
(Schluss) pos

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Tel: 01/533-18-43, mailto:pressedienst@aiz.info
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FAX: (01) 535-04-38

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