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"Kleine Zeitung" Kommentar: "Geteiltes Jubiläum: 30 plus 20 Jahre Fernsehen in Österreich" (von Witold Pryjda)
Ausgabe vom 02.08.2005
Graz (OTS) - Wenn runde Jubiläen gefeiert werden, wie gerade 50
Jahre Fernsehen in Österreich, darf man ungeniert das Wort "früher"
verwenden. Bekanntlich war früher nämlich alles besser, das Wetter,
die Wirtschaft und das Fernsehprogramm.
Ob Letzteres tatsächlich besser war, sei dahingestellt. Zumindest war
es weniger und dessen Konsum ein anderer: Das eine Fernsehprogramm -
später waren es mit FS 1 und FS 2 immerhin zwei - war schon das
gesamte televisionäre Universum. Geschaut wird, was im Kastl kommt,
lautete die Devise.
Heute wird das Wort "TV-Event" ständig überstrapaziert, doch das ist
kein Vergleich zu früher: Straßenfeger hatte noch eine Bedeutung,
Sendungen wie "Wünsch dir was", "Die Dornenvögel", "Dallas" oder auch
Sportveranstaltungen hatten - zumal es den Videorecorder noch nicht
gab - tatsächlich eine Breitenwirkung, von der heute jeder TV-Macher
nur träumen kann.
Vor rund 20 Jahren hat sich die öffentlich-rechtliche Monopol-Welt
aber gravierend verändert, das Privat-TV begann von Deutschland aus
via Kabel auch österreichische Haushalte zu erobern.
Der Langzeit-Monopolist ORF hat die private Konkurrenz nie wirklich
verkraftet: Hin und her gerissen zwischen dem Kultur-, Informations-
und Bildungsauftrag und dem neuen Quotendenken wandelt man seither
auf dem schmalen Grat zwischen dem "Wofür zahl' ich eigentlich
Gebühren?"-Argument und Kommerz-Notwendigkeit.
Das Jubiläum "50 Jahre Fernsehen in Österreich" ist somit keines.
Eher schon "30 plus 20 Jahre Fernsehen in Österreich". Denn gerade
die im ORF-Programm fast komplett ignorierte Jugend unterscheidet
längst nicht mehr zwischen ORF, RTL, SAT 1 oder ProSieben. Geschaut
wird, was gefällt.
Und tatsächlich sind die diversen Kanäle auch kaum noch voneinander
unterscheidbar: "Starmania" und "Taxi Orange" hier, "Deutschland
sucht den Superstar" und "Big Brother" dort. Der ORF konzentriert
sich auf seine Schlachtschiffe wie "Wetten, dass . . .?",
Programm-Innovationen sind Mangelware, man zieht lieber nach, Trends
setzen andere.
Selbst die Informations-Kernkompetenz des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks - man erinnere sich nur an den 11. September 2001 - ist
längst keine Konstante mehr: Die private Konkurrenz ist nicht selten
schneller und qualitativ ebenbürtig.
Wir werden uns wohl daran gewöhnen müssen, dass der ORF eben nur ein
Sender unter vielen ist. ****
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