- 19.05.2005, 17:50:05
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Wiener Zeitung: Andreas Unterbergers Kommentar
Wien (OTS) - Eigentlich sind die Kausalitäten sehr klar, wie
genügend Arbeitsplätze in einem Land entstehen. Sie sind aber
offenbar furchtbar schwer umzusetzen:
Arbeit darf nicht teurer als anderswo sein (die Gewerkschaft ist
gefordert); Arbeitnehmer müssen zeitlich, räumlich, sachlich flexibel
einsetzbar sein (Gewerkschaft und jeder Einzelne sind gefordert);
Steuern müssen niedrig sein (Finanzminister, Beamtengewerkschaft und
die Big spender in Bund, Gemeinden und vor allem Ländern sind
gefordert); Lohnnebenkosten müssen niedrig sein (Sozialpartner und
Versicherungsbosse sind gefordert); Arbeitskräfte müssen gut und
wirtschaftsorientiert ausgebildet sein (das verträumte Schulsystem
ist gefordert); es müssen genügend Erfindungen und Innovationen
entstehen (das Gehirnschmalz von Forschern und Management ist
gefordert, ebenso wie Unternehmer und Politik als Auftraggeber der
Forschung); und nicht zuletzt: die staatliche Bürokratie - also
Bundesländer und Bezirkshauptmannschaften - muss rasch entscheiden
und darf überhaupt nur in ganz wenigen Dingen zuständig sein
(Gesetzgeber und jeder einzelne Beamte sind gefordert).
Auf Jobgipfeln entstehen hingegen genauso wenig Arbeitsplätze wie
durch politische Polemik. Solche vordergründige Arbeitsmarktpolitik
führt meistens nur zu neuen Schulden und damit zur künftigen
Arbeitslosigkeit.
Da ist es auch wenig sinnvoll, wenn nun - dem jüngsten Jobgipfel
zufolge - bei Auftragsvergaben künstlich Kleinunternehmer bevorzugt
werden: Denn eine solche Bevorzugung ist ja nur dann nötig, wenn
diese teurer sind. Das Modell läuft auf das Kaufen von Arbeitsplätzen
durch Steuermittel hinaus. Und damit auf das gleiche Modell, mit dem
schon Bruno Kreisky Arbeitsplätze "sichern" wollte. Die verheerenden
Folgen sind bekannt.
*
Manchmal möchte ich als Mäuschen zuhören, was man anderswo, etwa
bei der UNO, über die Europäer und ihre "Gemeinsame Politik" denkt.
Da fordert etwa Österreichs Außenministerin in New York so wie andere
kleine Europäer einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat: für die
EU. Da denken aber jene zwei Europäer, die ohnedies schon einen
solchen Privilegiensitz haben, nicht daran, diesen der EU zur
Verfügung zu stellen: Sie wollen ihre Sitze behalten. Und da geht
seit Jahr und Tag Deutschland, ein weiteres EU-Mitglied, betteln: Es
will selbst in den Kreis der fünf Wichtigen des Erdballs aufsteigen.
Außer homerischem Gelächter werden sich die anderen Staaten wohl
nur eines abringen können: Mitleid für eine "Union", die nicht einmal
in einer so grundlegenden Frage zu einer gemeinsamen Politik findet.
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