Zum Inhalt springen

"Kleine Zeitung" Kommentar: "Die wahre Überheblichkeit ist, "nicht überheblich" zu sein" (von Hans Winkler)

Ausgabe vom 19.02.2005

Graz (OTS) - Wenn es in der SPÖ einen strategischen Denker gibt, dann ist es Michael Häupl. Der Bürgermeister von Wien hat auch die Bundes-SPÖ und deren Vorsitzenden unter seine Fittiche genommen. Alfred Gusenbauer mag vielleicht denken, es ist jedenfalls Häupl, der lenkt.

Zunächst einmal ist Häupl aber sein Wiener Hemd näher als der bundespolitische Rock. "Es geht uns Wiener Sozialdemokraten politisch sehr gut", sagte Häupl vor der Klubtagung der SPÖ in Rust: "Und wir haben es uns verdient." Wenn er hinzusetzte, er sage das "ohne Überheblichkeit", ist das natürlich der Gipfel der Überheblichkeit.

Häupl möchte die Ernte rechtzeitig einfahren und macht gar kein Hehl daraus, dass früher als zum regulären Termin im Frühjahr 2006 gewählt werden wird. 2001 war die SPÖ in Wien dank eines auf sie maßgeschneiderten Wahlrechts beinahe auf die absolute Mehrheit gekommen. Bei der nächsten Wahl wird sie die Marke so gut wie sicher überspringen. Häupl braucht dann nicht einmal mehr die Grünen als Regierungspartner.

Den Vorwand zum Absprung hat er sich auch schon ausgedacht: Die anderen Rathausparteien führten schon längst Wahlkampf und plakatierten die Konterfeis ihrer Spitzenkandidaten. Das stimmt sogar, denn FPÖ, Grüne und ÖVP haben sich mit vorverlegten Neuwahlen schon abgefunden.

Die Entscheidung ist gefallen, fraglich ist nur noch das Datum. Häupl möchte in Wien jedenfalls vor der Nationalratswahl wählen lassen und da es ihm nicht schnell genug gehen kann, malt er ständig das Gespenst eines Auseinderbrechens der schwarz-blauen Koalition an die Wand.

Wenn es ihm richtig erscheint, wird Häupl nicht zögern, in Wien noch im Frühjahr wählen zu lassen. Einen großen Wahlkampf muss er ohnehin nicht führen, da sein Bild und die dazugehörigen SPÖ-Werbesprüche ohnehin jahraus, jahrein an jeder Straßenbahnhaltestelle prangen.

Es wäre für die SPÖ aber auch nicht ohne Reiz, in Wien am selben Tag wählen zu lassen wie in der Steiermark, die der eigentliche Ort der Entscheidung dieses Jahres sein wird. Ein SPÖ-Sieg in Wien und im Burgenland wird niemanden überraschen.

Aus dem erhofften Erfolg der SPÖ im Herbst würde aber nicht Gusenbauer als Sieger hervorgehen. Das werden die jeweiligen Landespolitiker sein, einer davon eben Michael Häupl.

Der wird dann entscheiden, dass Gusenbauer als SPÖ-Spitzenkandidat in die Nationalratswahl 2006 gehen darf. ****

Rückfragen & Kontakt:

Kleine Zeitung
Redaktionssekretariat
Tel.: 0316/875-4032, 4033, 4035, 4047
redaktion@kleinezeitung.at
http://www.kleinezeitung.at

OTS-ORIGINALTEXT UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS | PKZ0001