Österreich-Konvent: ÖVP-Vorschläge über soziale Grundrechte
Wien, 23. November 2004 (ÖVP-PD) Österreich-Konvent: Die Vorschläge der ÖVP über soziale Grundrechte im Wortlaut.****
Recht auf Bildung; Schulwesen
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zu beruflicher Ausbildung und Weiterbildung.
(2) Der Zugang zu allen öffentlichen Bildungsangeboten ist ohne Diskriminierung insbesondere auf Grund des Einkommens zu gewährleisten. Die Teilnahme am Unterricht öffentlicher Schulen ist unentgeltlich.
(3) Alle österreichischen Staatsangehörigen, die ihre Befähigung hiezu in gesetzlicher Weise nachgewiesen haben, haben das Recht, unter Achtung der demokratischen Grundsätze Bildungseinrichtungen zu gründen und an solchen Unterricht zu erteilen. Das Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(4) Konfessionelle Privatschulen gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften oder deren Einrichtungen sowie von Vereinen, Stiftungen oder Fonds erhaltene Schulen, wenn sie von der zuständigen kirchlichen oder religionsgesellschaftlichen Oberbehörde als konfessionelle Schulen anerkannt sind, sind zumindest in der Ausstattung mit aus öffentlichen Mitteln finanziertem Unterrichtspersonal mit öffentlichen Schulen gleich zu stellen.
(5) An öffentlichen Schulen und Schulen mit Öffentlichkeitsrecht ist für Angehörige gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften Religionsunterricht Pflichtgegenstand. Die Erlassung der Lehrpläne und die Besorgung des Religionsunterrichts obliegt der jeweiligen gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft. Für den Religionsunterricht dürfen nur Personen beschäftigt werden, die von der jeweiligen Kirche oder Religionsgesellschaft hiezu befähigt und ermächtigt erklärt sind.
Rechte der Kinder
(1) Jedes Kind hat Anspruch auf Schutz und Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen staatlicher Organe und öffentlicher oder privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigt werden.
(2) Kinder können ihre Meinung frei äußern. Ihre Meinung wird in den Angelegenheiten, die sie betreffen, in einer ihrem Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt.
(3) Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.
(4) Kinder, die dauernd oder vorübergehend aus ihrer familiären Umgebung herausgelöst sind, haben Anspruch auf besonderen Schutz und Beistand des Staates.
(5) Jedes Kind hat das Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher
und sexueller Ausbeutung und auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, die Zufügung seelischen Leides, sexueller Missbrauch und andere Misshandlungen sind verboten.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
(1) Um Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang
bringen zu können, hat jeder Mensch das Recht
1. auf angemessene Elternkarenz, Pflegeurlaub und Sterbekarenz einschließlich eines wirksamen Schutzes vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus einem mit der Elternschaft zusammenhängenden Grund;
2. auf bezahlte Mutterschaftskarenz und auf Elternkarenz nach der Geburt oder Adoption eines Kindes;
3. auf eine den familiären Bedürfnissen entsprechende Gestaltung der Arbeitsbedingungen.
Koalitionsfreiheit
(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben das Recht, sich freiwillig zur Vertretung ihrer Interessen zusammenzuschließen und Vereinigungen zu bilden. Diese Vereinigungen und gesetzliche berufliche Interessensvertretungen können kollektive Maßnahmen ergreifen. Jede Person hat das Recht, an derartigen Maßnahmen teilzunehmen. Jeder Unternehmer darf Abwehrmaßnahmen ergreifen.
(2) Solche Vereinigungen und gesetzliche berufliche Interessensvertretungen haben das Recht, im Rahmen der Gesetze Kollektivverträge abzuschließen. Durch Kollektivverträge können Angelegenheiten der Arbeitswelt verbindlich geregelt werden.
(3) Die Ausübung der Rechte nach Absatz 1 darf keinen anderen Beschränkungen unterworfen werden als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der
nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind.
Recht auf Arbeit; Zugang zu Arbeitsvermittlung
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf sichere, gesunde, würdige und angemessene Arbeitsbedingungen. Der Staat gewährleistet dieses Recht insbesondere durch:
1. angemessene Beschränkung der Arbeitszeit;
2. angemessene Arbeitsruhe, insbesondere angemessene Sonn- und Feiertagsruhe;
3. bezahlten Jahresurlaub;
4. Schutz von Jugendlichen;
5. Schutz von Schwangeren und Müttern besonders durch angemessene Beschäftigungsverbote und Beendigungsschutz vor und nach der Geburt;
6. berufliche Aus- und Weiterbildung;
7. Schutz vor herabwürdigender Behandlung, Belästigung und Diskriminierung;
8. Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Krankheit und Unfall für angemessene Zeit;
9. Schutz vor ungerechtfertigter fristloser Beendigung des Arbeitsverhältnisses;
10. angemessene Mitwirkung in personellen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten durch gewählte Organe. Die gewählten Organe dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden.
(2) Jeder Mensch hat ein Recht auf unentgeltliche Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und sonstige Maßnahmen zur beruflichen und sozialen Wiedereingliederung.
Soziale Sicherheit, existenzielle Mindestversorgung
(1) Der Staat gewährleistet jedem, der in Österreich seinen rechtmäßigen Aufenthalt hat, das Recht auf soziale Sicherheit durch Einrichtung einer selbstverwalteten öffentlich-rechtlichen Pflichtversicherung, die auf Einkommens- und Risikosolidarität beruht und die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall, geminderter Arbeitsfähigkeit, im Alter und bei Arbeitslosigkeit eine angemessene Versorgung sicherstellt. Der
Staat gewährleistet dieses Recht weiters durch eine angemessene Versorgung im Fall von Pflegebedürftigkeit.
(2) Wer in Österreich seinen rechtmäßigen Wohnsitz hat und nicht für sich sorgen kann und nicht über ausreichende Mittel verfügt, hat im notwendigen Umfang Anspruch auf Unterstützung und Betreuung, auf Nahrung, Kleidung, Unterkunft, medizinische Versorgung und auf jene Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind.
Recht auf Wohnen
Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnen.
Daseinsvorsorgegarantie
Jeder Mensch hat Anspruch auf Zugang zu Infrastruktur und sonstigen Leistungen von allgemeinem Interesse. (Forts.)
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