"Kleine Zeitung" Kommentar: "Die Mischung macht's: Öl und Sprit werden teuer bleiben" (Von Othmar Wagner)
Ausgabe vom 4.6.2004
Graz (OTS) - Dass die Opec mehr Öl in den Markt pumpt, wird
nicht reichen.
Die Mischung macht's: 83 bis 87 Prozent an verschiedenen Kohlenwasserstoffen, elf bis 15 Prozent Wasserstoff, bis zu sechs Prozent Schwefel und dazu Spuren von Sauerstoff, Stickstoff und Metallen. Ergibt einen stinkenden, schmierigen und dennoch ganz besond'ren Saft: Erdöl.
Genausogut, wenn auch nicht mit chemischer Genauigkeit, lässt sich jenes Amalgam an Ursachen analysieren, die das Zeug zur Zeit so unmäßig teuer machen.
Die Nachfrage steigt: In fast allen Erdteilen hat sich die Konjunktur erholt, vom wichtigsten Rohstoff der Weltwirtschaft wird daher mehr verbraucht. Hinzu kommt das "China-Syndrom". Der letzte kommunistische Riese mit seiner boomenden Wirtschaft ist bereits zum zweitgrößten Ölverbraucher der Welt geworden (nach den USA) und wird den Verbrauch weiter steigern.
Das Angebot ist knapp: Von allen Ölländern ist nur Saudi-Arabien in der Lage, seine Förderung noch so stark auszuweiten, dass davon überhaupt eine Wirkung ausgeht.
Die Terrorangst: Der Irak fällt wegen der instabilen politischen Lage und anhaltender Sabotagetätigkeit gegen Pipelines und Raffinerien weiterhin als Lieferant aus. Erst recht stellen die jüngsten, gegen die Ölwirtschaft gerichteten Anschläge in Saudi-Arabien in Frage, ob die weltweite Versorgung noch gewährleistet werden kann.
Die Abhängigkeit der USA: Die Amerikaner haben seit fast 30 Jahren keine neue Raffinerie mehr gebaut. In der Zeit ist der Verbrauch an Treibstoffen ständig gestiegen. Mit dem Ergebnis, dass jetzt Benzinknappheit droht. Die USA müssen sich deshalb an den internationalen Märkten eindecken. Das treibt natürlich den Preis -für Sprit wie für den Rohstoff Öl.
Die Spekulanten: An den Ölmärkten treiben die Hedgefonds ihr Unwesen. Diese auf hoch riskante Geschäfte spezialisierten Investoren wetten gewissermaßen auf einen Preisanstieg. Es gibt Schätzungen, wonach diese Fonds es durch ihre Transaktionen bereits geschafft haben, den Ölpreis um bis zu 20 Prozent künstlich aufzublähen.
Eine weitere Ursache ist seit gestern weggefallen - die Opec. Das einst marktbeherrschende Ölkartell hat zwar an Bedeutung verloren, stellt aber immer noch 30 bis 40 Prozent der weltweiten Fördermenge. Die Opec hat einfach zu lange gewartet, die Ölhähne bis zum Anschlag aufzudrehen. Jetzt macht sie es. Doch weil alle anderen Ursachen weiter bestehen, gibt es wenig Hoffnung, dass Öl und damit Treibstoffe in absehbarer Zeit deutlich billiger werden. ****
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