• 31.05.2004, 18:00:01
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"Tiroler Tageszeitung" - Kommentar: "Im Bann des Asterix" (Von Günther Schröder)

Ausgabe vom 1. Juni

Innsbruck (OTS) - Was ist an hohen Feiertagen nicht alles zu hören
an hehren Tönen über Europa. Darüber, dass uns die Integration fast
60 Jahre Friede beschert hat. Dass mit der jüngsten Erweiterung
Europa erstmals ohne Krieg und Vernichtung politisch geeint ist. Und
dass uns das alles eine lange Phase des Wohlstands und der Sicherheit
gebracht hat. Auch wenn wir gerade alle Hände voll zu tun haben,
damit das auch so bleibt.
Genau darüber gehörte vor einer Europawahl gestritten. Wie soll sich
Europa in der globalisierten Weltwirtschaft verhalten? Sind soziale
Systeme durch Zurückstutzen zu retten oder werden sie scheibchenweise
demontiert? Soll auch innerhalb Europas ein Steuerwettlauf
stattfinden? Wie geht die EU mit Terror um? Was tun wir in Bund, Land
und Bezirk, wenn bis zu 70 Prozent aller Gesetze auf der europäischen
Ebene gemacht werden?
Wer allerdings den EU-Wahlkampf mitverfolgt, kann sich nur mit
Grausen abwenden - und leider tun das auch viele. Es ist ja viel
leichter, dumpfe Ängste und Aggressionen zu beschwören. Vom angeblich
drohenden Wasserausverkauf (SPÖ) über den angeblich unmittelbar
bevorstehenden Beitritt der Türkei (FPÖ) bis zur späten und
unsäglichen Wiederbelebung der Sanktionendebatte (FPÖ und jetzt auch
ÖVP): Alle Auseinandersetzungen laufen nach demselben Muster ab. Wir
arme Österreicher kämpfen, umzingelt wie seinerzeit das gallische
Dorf des Asterix, gegen den Rest Europas. Dabei saßen unsere
Regierungen, wie auch immer sie aussahen, stets mit am Tisch.
Österreichische Minister fahren genau deshalb im Wochentakt nach
Brüssel. Und später, wieder daheim, schimpfen sie auf die berühmten
EU-Bürokraten. Doch versagt Brüssel, versagen in Wahrheit sie selbst
mit.
Es ist eine europäische Tragödie: Den Denkzettel dafür hat
ausgerechnet die einzige EU-weite Volksvertretung mit einer niedrigen
Wahlbeteiligung und damit mit Machtverlust zu bezahlen.

Rückfragehinweis:
Tiroler Tageszeitung, Chefredaktion - Tel.: 05 04 03/ DW 601

OTS0047    2004-05-31/18:00

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