- 14.07.2003, 13:02:43
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Fischer zu Parlamentsjahr: Hohes Maß an Unberechenbarkeit und Instabilität
Niemand hat Grasser so sehr geschadet, wie er selbst
Wien (SK) Der stv. SPÖ-Vorsitzende und II.
Nationalratspräsident Heinz Fischer nahm sich das erste Halbjahr der
Regierung Schüssel/Haupt zum Anlass, um in einer Pressekonferenz am
Montag die bisherige Bilanz und einen Ausblick darzulegen. "Wenn ich
dem Bundeskanzler zuhöre, ist alles bestens", so Fischer, der
genügend Gründe sieht, um einiges zurecht zu rücken. Was man bei der
Bilanz der bisherigen Regierungstätigkeit "nicht leugnen kann", sei
"das Maß an Unberechenbarkeit und Instabilität". ****
"Ich kann mich nicht erinnern, dass es zuvor eine
Legislaturperiode gegeben hätte, in der ein Minister dem Ministerrat
einen Entwurf vorlegt, den dieser auch beschließt, und anschließend
sagt der Minister, man müsse der Vorlage die Giftzähne ziehen",
nannte Fischer als Beispiel für die Instabilität und "Verwirrung",
die diese Regierung erzeuge. Als weiteres Beispiel nannte Fischer den
Stopp des Ankaufs der Abfangjäger, der kommuniziert wurde, "und dann
wurde alles unternommen, um das, was man gestoppt hat,
durchzubringen". Den immer wieder genannten Verweis darauf, dass
Österreich das einzige Land Europas wäre, das keine Kampfflugzeuge
ankaufe, entkräftete Fischer mit dem Hinweis, dass Irland, Slowenien
und "in wachsendem Maße Tschechien" sich bewusst anderer
Ausgaben-Prioritäten angenommen haben.
Weiters wurde behauptet, dass 56 Prozent der Gesetze
einstimmig beschlossen wurden. Diesen angeblichen Beweis für Konsens
"kann man nicht unwidersprochen sehen lassen", betonte Fischer. Eine
genaue Zahl könne nämlich gar nicht ermittelt werden, da die größte
beschlossene Materie, die Budgetbegleitgesetze, nicht aufgegliedert
abgestimmt wurde. Fischer erinnerte daran, dass die
Budgetbegleitgesetze in zweiter Lesung nicht namentlich abgestimmt
und in dritter Lesung abgelehnt worden waren.
Fischer konstatierte weiters eine "reflexartige Ablehnung von
Anträgen", die mit der Position der Opposition konform gehen könnten
- selbst bei Anträgen, die von Mandataren der Regierungsparteien
eingebracht wurden. Fischer bezog sich hier auf den FPÖ-Antrag zur
Voest: Oberösterreichische Gremien und Oberösterreichische
Landtagsabgeordnete haben etwas beschlossen, was von
oberösterreichischen Parlamentariern abgelehnt wurde. Fischer
schließt daraus, dass der Klubzwang in der FPÖ "rigider" abgehandelt
wird, als in anderen Parteien.
Auch sei bei den Regierungsparteien "Kontrollangst und
panische Angst vor Untersuchungsausschüssen" festzustellen. Dies ist
für Fischer aufgrund der Tatsache, dass sich Untersuchungs-Ausschüsse
nach dem parlamentarischen Kräfteverhältnissen zusammensetzen und
daher nie ein Abstimmungsergebnis gegen die Vertreter der
Regierungsparteien zustande kommen kann, unverständlich. Aber die
Regierungsparteien würden sich nicht "trauen". Natürlich, so Fischer,
frage man sich, wie es möglich sei, dass früher
Untersuchungsausschüsse eingesetzt wurden, und jetzt heißt es "Deckel
drauf und zu".
Auch stelle sich die Frage, ob es in anderen vorbildlichen
Demokratien, wie etwa Großbritannien, möglich wäre, dass ein
weisungsgebundener Staatssekretär, "der alles tut, um der Koalition
nicht zu schaden", ein entlastendes Urteil bezüglich seines
Finanzministers fällt. Fischer betonte, dass dieses "Urteil" eben
nicht von einem unabhängigen Gericht gefällt wurde. "Ich finde, das
ist kein Glanzstück und wirft mindestens ebenso viele Fragen auf, wie
es beantwortet", erklärte Fischer.
Die Personalpolitik der Regierung war ein weiterer
Kritikpunkt Fischers. Er wies darauf hin, dass zu Zeiten einer
SPÖ-Regierung die Kontrollinstanzen wie Volksanwälte, Rechnungshof,
aber auch die Nationalbank mit Mitgliedern in Gremien und Spitzen
ausgestattet wurden, die nicht hauptsächlich der SPÖ angehörten. Mit
dem Verweis auf die Entscheidungen der Regierungsparteien bei der
Bestellung der Hauptverband-Geschäftsführung und dem
Nationalbank-Direktorium, "wurde jenen hohen Standards, die man sich
angeblich vorgenommen hat, nicht Rechnung getragen".
Fischer, der bei den Abfangjägern Typenentscheidung und
"Geheimniskrämerei" kritisierte, erklärte auch: "Ich glaube, dass
niemand dem Herrn Magister Grasser so sehr geschadet hat, wie er
selbst". Die Angelegenheit hätte, bei richtigem verhalten Grassers,
"nach wenigen Tagen vom Tisch" gewesen sein können. Auch hätte
Grasser - "wenn er sagt, ich habe nichts zu verheimlichen" - einem
Untersuchungsausschuss zustimmen können.
Eine parlamentarische Sondersitzung ist für Fischer nicht
Teil eines Pflichtprogramms. Allerdings können sich in den nächsten
Tagen und Wochen Dinge ereignen, die eine parlamentarische Sitzung
verlangen. "Bei zwingenden und wichtigen Argumenten werden wir eine
Sondersitzung verlangen", so Fischer. (Schluss) up
OTS0092 2003-07-14/13:02
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