- 15.05.2003, 13:23:51
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Gusenbauer (1): "Dialog mit Österreich" als Gegenmodell zum autokratischen Politikverständnis der ÖVP
Runder Tisch: Zweifel an Ernsthaftigkeit der ÖVP
Druckfähige Fotos stehen gratis unter www.spoe.at zur Verfügung!
Wien (SK) Im Rahmen einer Veranstaltung der SPÖ unter dem
Titel "Dialog mit Österreich" präsentierte SPÖ-Vorsitzender Alfred
Gusenbauer am Donnerstag anhand von sieben Politikbereichen -
Pensionen, Arbeitsmarkt, Gesundheit, Bildung, Sicherheit, Frauen,
Demokratie und Verfassung - das Gegenmodell der SPÖ zur
Bundesregierung; das Gegenmodell "zu einer Politikauffassung, die
nicht die Menschen in den Mittelpunkt stellt, sondern den
Machterhalt". Gusenbauer: "Wir dürfen weder den Stillstand noch die
autoritäre Anmaßung einfach hinnehmen." Es gelte, selbst den Dialog
zu initiieren, "das sind wir der Zukunft unseres Landes schuldig".
Zum runden Tisch heute Nachmittag sagte Gusenbauer: Nach den
Wortmeldungen der letzten Tage, seien Zweifel angebracht, ob Kanzler
Schüssel den runden Tisch "wirklich ernst nimmt". Gusenbauer warf der
ÖVP ein "autokratisches Politikverständnis" vor, das in einer
Demokratie nichts zu suchen habe. ****
Gusenbauer äußerte "Zweifel", dass die Vertreter der ÖVP nach
den Wortmeldungen der letzten Tage den runden Tisch "ernst nehmen".
"Und das ist schade, denn es gäbe die Möglichkeit, ernsthaft
Argumente auszutauschen und zu einer breit getragenen Lösung zu
kommen." Jede Regierung der Welt, zeigte sich Gusenbauer überzeugt,
würde ein solches Gesprächsangebot aufgreifen. Sich drei Monate Zeit
zu lassen, sei wirklich ein "vertretbares Innehalten", wenn es um die
Sicherung der Pensionen der heute Jungen geht. Denn schließlich werde
es für alle, die 2025 in Pension gehen, keinen Unterschied machen, ob
die Pensionsreform am 4. Juni 2003 oder am 4. November 2003
beschlossen worden sei. "Es geht nicht um den Zeitpunkt, es geht um
Qualität", so Gusenbauer.
Nachdem im Rahmen der Veranstaltung vier Menschen mit
unterschiedlichen Lebenssituationen zu Wort gekommen waren, betonte
Gusenbauer, dass die SPÖ auf Veränderungen gemeinsam mit den
Betroffenen setze. Der 48. Jahrestages der Unterzeichnung des
Staatsvertrages sei ein guter Anlass, Österreich zur "Stätte des
Dialogs" zu machen und auf einen breiten Konsens zu setzen. "Ich sehe
die Verantwortung und die zentrale Aufgabe von Politik darin,
Antworten auf die Sorgen der Menschen zu geben, Lösungen zu suchen
und gemeinsam mit allen Betroffenen zu entwickeln", sagte Gusenbauer.
"Wir brauchen eine Schub der Erneuerung in Österreich", so
Gusenbauer, "und ich bin davon überzeugt, dass eine nachhaltige und
dauerhafte Erneuerung erreicht werden kann, wenn die Veränderungen
gemeinsam mit den Betroffenen entwickelt und von einem breiten
gesellschaftlichen Konsens getragen werden". Aber ein echter Dialog
setze selbstverständlich voraus, dass man bereit sei, kritische
Stellungnahmen, Verbesserungsvorschläge aufzunehmen und eigene
Positionen immer wieder zu überprüfen.
Im Gegensatz dazu betreibe Kanzler Schüssel
Dialogverweigerung: "Dieser Bundeskanzler verwechselt Ignoranz mit
Konsequenz und Überheblichkeit mit Selbstbewusstsein." Schüssel wolle
gegen alle Einwände tiefe und ungerechte Einschnitte bei den
Pensionen durchziehen und gegen den Willen einer großen Mehrheit
Abfangjäger ankaufen. Schüssel verweigere das Gespräch mit den
Sozialpartnern, mit der Opposition sowie eine ordentliche
parlamentarische Debatte. Indem Schüssel seine Pensionskürzungspläne
durchboxen wolle, beweise er auch "ungeheure Verachtung" - gegenüber
Andersdenkenden, gegenüber demokratischen Gepflogenheiten und
gegenüber den Menschen.
Heftige Kritik übte Gusenbauer an den Ministern Haupt und
Bartenstein, die gestern den Budgetausschuss nach vier Stunden
verlassen hatten. Es sei den zuständigen Ministern "zu lästig" im
Nationalrat zu sitzen, warf Gusenbauer ihnen "Probleme mit dem Ablauf
der Demokratie" vor. Wenn einerseits die zuständigen Minister
vorzeitig die Sitzung verlassen und andererseits an den Eckpunkten
ohnehin nicht mehr zu rütteln sei, werde klar, was von der
Ankündigung, im Nationalrat sei genug Zeit zur Behandlung der
Materie, zu halten sei.
Gusenbauer warf dem Kanzler auch eine "Gefährdung des
sozialen Friedens" vor. Es sei fahrlässig, bei allen weitreichenden
Entscheidungen auf die Mitarbeit der wesentlichen gesellschaftlichen
Kräfte zu verzichten. Dies sei die Wurzel des Unmuts der letzten
Tage. "Es sind nicht die Gewerkschaften, die zur Verschlechterung und
zur Verschärfung des politischen Klimas in Österreich Anlass gegeben
haben."
Im Rahmen seiner Rede skizzierte der SPÖ-Vorsitzende nochmals
das SPÖ-Modell zur Pensionsreform. Die SPÖ wolle ein einheitliches
Pensionssystem für alle ÖsterreicherInnen und garantiere eine
Nettopension von 80 Prozent ihres Lebenseinkommens nach 45
Versicherungsjahren. Außerdem sei im SPÖ-Modell der schrittweise
Übergang ins neue System gewährleistet, indem die Ansprüche aus dem
alten System erhalten bleiben und erst ab dem Stichtag Ansprüche nach
dem neuen System erworben werden. Weiters vernichte das SPÖ-Modell im
Gegensatz zum Regierungsmodell keine bestehenden Ansprüche: Jeder
eingezahlte Euro werde gleich bewertet und nicht im Laufe des
Berufslebens entwertet.
Das SPÖ-Modell setze auf Solidarität, indem von Personen mit
sehr hohen Pensionen ein Solidarbeitrag vorgesehen sei: Von jenem
Anteil, der über der Höchstpension der Arbeiter und Angestellten
liege, werde ein Solidarbeitrag von zehn Prozent eingehoben.
Schließlich basiere das SPÖ-Modell weder auf den Schwankungen der
Aktienmärkte noch auf dem Wollen oder Können einzelner Unternehmer,
eine Betriebspension einzuführen. Das SPÖ-Modell basiere auf den
Beiträgen der arbeitenden Menschen, der Arbeitnehmer und Arbeitgeber,
und auf den Zuschüssen des Staates - wobei der Anteil der
Bundesbeiträge nicht erhöht werde. Weiters versuche das SPÖ-Modell
bestehende Ungleichheiten zwischen Frauen und Männer auszugleichen.
(Forts.) se
OTS0204 2003-05-15/13:23
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