Industrie sieht große Chancen durch EU-Erweiterung
Industrie hat Chance der Erweiterung vorweggenommen und wird diese noch stärker nützen - Unternehmen melden hohen Bedarf an Mitarbeitern mit mittel- und osteuropäischen Sprachkenntnissen an -IHS sieht Steuern, Lohnkosten und Sozialabgaben als maßgebliche Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs im erweiterten Europa
Wien (PdI) Anlässlich der historischen Unterzeichnung der Beitrittsverträge zur Europäischen Union durch 10 Kandidatenländer beleuchtete die Industriellenvereinigung Chancen und Herausforderungen der Erweiterung.
Lorenz Fritz, Generalsekretär der IV, unterstrich die historische Bedeutung der Erweiterung der EU durch Mittel- und Osteuropa: "Wir stehen vor der bislang größten Erweiterung in der Geschichte der EU. Wir haben diesen Prozess intensiv mitbegleitet und die Chancen, die sich Österreich durch die Ostöffnung geboten haben, als Industrie bereits intensiv vorweggenommen. Wir werden sie durch die Erweiterung noch stärker wahrnehmen können!", so Fritz. Als deutlichen Beweis für genutzte Chancen sah Fritz die österreichische Handelsbilanz: Dank der starken Überschüsse in Richtung MOEL verzeichnete Österreich 2002 den ersten Handelsbilanzüberschuss seit 1945. Die größten Überschüsse mit den Beitrittskandidaten hatte Österreich im abgelaufenen Jahr mit Ungarn (791 Mio. Euro), gefolgt von Slowenien mit 611 Mio. Euro und Rumänien mit 310 Mio. Euro.
Auch die Wachstumsraten im Außenhandel der vergangenen Jahre zwischen Österreich und den MOEL-10 belegen den Erfolg der bilateralen Handelsbeziehungen: die Zuwächse sind generell positiv und oftmals zweistellig. Die österreichischen Direktinvestionen in den Reformländern sind seit 1990 ebenfalls kräftig angestiegen: 1998 lag der Anteil an den Neuinvestitionen bei 3,3%, im Jahre 2001 schon bei 8,3% und im 1. Halbjahr 2002 bereits bei 10,2%.
Christian Helmenstein, IHS, präsentierte maßgebliche Kennzahlen für die Standortattraktivität Österreichs gegenüber den Beitrittskandidaten. Dabei ging er auch auf die regionalen Unterschiede in Österreich ein und verglich österreichische Bundesländer mit angrenzenden aufstrebenden Wirtschaftsräumen in den neuen EU-Nachbarstaaten. "Steuern, Lohnkosten und Sozialabgaben zählen ab 2004 zu den entscheidenden Faktoren, die die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs gegenüber den neuen EU-Mitgliedern bestimmen.", so Helmenstein.
Ist unser Bildungssystem fit für die Erweiterung?
Zu den Herausforderungen durch die Erweiterung gehört jedoch auch ein auf das größere Europa ausgerichtetes Bildungssystem. Die IV hat zum Thema "ost- und mitteleuropäische Spracherfordernisse" eine Umfrage unter 150 österreichischen Unternehmen, die auf den Märkten der MOEL tätig sind, durchgeführt. Demnach finden lediglich 13,2 Prozent der Befragten, dass es auf dem Arbeitsmarkt ausreichend (österreichische) Bewerber mit Kenntnissen in Sprachen aus diesen neuen Wachstumsmärkten gibt. Fast unisono meldeten die antwortenden Unternehmer großen Bedarf an MitarbeiterInnen mit Kenntnissen in Tschechisch (48%), Russisch (45,3 %), Ungarisch (38,7 %) und Polnisch (32 %). 63 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, dass an den berufsbildenden höheren Schulen (HTL, HAK etc.) die "Ost"-Sprachkenntnisse ausgebaut werden sollten, gefolgt von den AHS (52 %) sowie den Fachhochschulen und Universitäten (48 %). Insbesondere bei den Berufssparten "Betriebswirte" (45,3 %) und "Techniker" (32 %) wurden erweiterte Sprachkenntnisse als wichtig empfunden.
Auch unsere Schulen sind in diesem Zusammenhang nicht wirklich "erweiterungs-fit": Im Schuljahr 2000/2001 erlernten lediglich 0,9 Prozent aller österreichischen Schüler eine "Ostsprache". Englisch dagegen lernten 95,16 %, Französisch immerhin noch 10,78 Prozent. "Das Erlernen von "Ostsprachen" muss demnach in Österreich mehr gefördert werden. Nur so können wir unsere wirtschaftlichen und kulturellen Chancen optimal nützen.", betonte IV-Generalsekretär Lorenz Fritz.
Die Studentenzahlen bei ausgewählten Sprachstudien an ungarischen Hochschulen zeigen, dass sich man sich dort den veränderten Anforderungen durch die Erweiterung bereits stellt: Englisch, Deutsch und Französisch sind gefragt, Russisch wird vergleichsweise seltener erlernt. In Österreich wurde diese Notwendigkeit noch nicht erkannt:
Nur 1,1 % der insgesamt 20.310 ordentlichen Hörer der WU Wien haben sich im WS 2002/03 für eine "Ostsprache" angemeldet, lediglich 9 Studenten haben im WS 2002/03 an der WU Wien eine Diplomprüfung in Tschechisch abgelegt. "Eingedenk der Tatsache, dass die Tschechische Republik unser zweitwichtigster Handelspartner und Investitionsziel Nummer 1 ist, sind diese Zahlen alarmierend!", so Fritz.
Der Countdown: Willkommensfest Ende September
Bis Ende September 2003 werden in allen Kandidatenländern Beitritts-Referenden abgehalten. Die IV verfolgt den Prozess und unterstützt die Befürworter der friedlichen Vereinigung Europas in den Beitrittsländern. Anlässlich der letzten Abstimmung, die Ende September in Lettland stattfindet, veranstaltet die Industriellenvereinigung im Wiener Haus der Industrie ein Willkommensfest.
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