• 25.03.2003, 11:04:33
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  • OTS0076 OTW0076

VP-Neuhuber: Stadtplanung mit Zukunft!

Vorschläge für eine effiziente und bürgernahe Planungspraxis

Wien (VP-Klub): In zunehmendem Maße erregen Flächenwidmungen,
Planungen und Bauvorhaben den Unmut der Wiener Bevölkerung. Das
Verkehrschaos auf der Rossauer Lände, der drohende Verlust des
Weltkulturerbes (Wien Mitte!), die Verkehrsproblematik der
Flächenwidmung der FIAT-Gründe bei Schönbrunn oder die Durchsetzung
des Großbauvorhabens in der Sensengasse gegen den Willen der
Bevölkerung, sind traurige Zeugen einer verfehlten
SP-Planungspolitik: "Nicht nur, dass Stadtrat Schicker überfordert
scheint, auch die Instrumente, die die Stadt zur Verfügung hat,
bedürfen einer Überarbeitung. Mehrere Aspekte der Wiener
Planungspraxis erscheinen daher besonders diskussionswürdig",
kritisierte der Planungssprecher der Wiener ÖVP, LAbg. Mag. Alexander
Neuhuber, den zuständigen Stadtrat anlässlich des heutigen
Pressefrühstücks "Stadtplanung mit Zukunft".****

Der § 69 der Wiener Bauordnung

Die ursprüngliche Idee bei der Schaffung dieses Paragraphen war, dass
der Bezirksbauausschuss aufgrund bezirkslokaler Gegebenheiten in der
Lage sein soll, geringfügige Ausnahmen zu den gültigen
Flächenwidmungs- und Bebauungsbestimmungen (insbesondere im Altbau)
zu setzen.

Tatsächlich wurde dieser "Gummiparagraph" - die Ausnahmen sind über
eine A4 Seite lang - immer wieder dazu verwendet (oder missbraucht),
ganze Wolkenkratzer oder Großbauvorhaben zu widmen. Pro Jahr wird der
§ 69 bei geschätzten 500 bis 1000 Bauprojekten in Anspruch genommen,
rund 90 % dieser Anträge werden dann direkt im Bezirk bearbeitet und
positiv erledigt. Diese Anzahl entspricht mit Sicherheit nicht den
ursprünglichen Verwendungsabsichten dieser Regelung. So tauchte der §
69 beim Millennium Tower, beim IZD, beim Hilton, beim Hotel
Ambassador, beim Hochstättplatz und vielen anderen Projekten auf.
Eine neue Variante gab es beim umstrittenen Projekt Sensengasse:
Den vorauseilenden § 69er! Dort hatte der Bezirksvorsteher (der ja
gar nicht über eine Ausnahme entscheiden kann, sondern wie gesagt der
Bezirksbauausschuss) schon vorab dem Projektwerber versprochen, dass
er nach der Widmung quasi zur Korrektur derselben ohnehin einen §
69-Ausnahme bekäme. Und das, obwohl seine Fraktion im
Bezirksausschuss über keine Mehrheit verfügt.

Aufgrund der unklaren und ungenauen Definition, was denn eine
geringfügige Ausnahme wäre (es gab dazu eien Direktive der
Magistratsdirektion, dass dies maximal 10 % sein sollten, daran
halten sich die Bezirksausschüsse aber nicht immer), kommt es im
Nachhinein immer wieder zur Korrektur der im Gemeinderat
beschlossenen Flächenwidmungen.

Diese Praxis gehört abgestellt! Der § 69 muss genau definiert werden
und die Ausnahme durch den Bezirksbauausschuss sollte nur in
Abstimmung mit dem Planungsressort erlaubt werden.

Der Planwertausgleich

Sehr oft kommt es durch neue Flächenwidmungen zu erheblichen
"Flächenwidmungsgewinnen" (der sogenannte "Planungsvorteil") für
Eigentümer und Bauwerber. In manchen Fällen allerdings auch zu
Verlusten. Ausserdem erwachsen der Stadt Wien infolge der
intensiveren Nutzungen einer Liegenschaft nach deren Aufzonung hohe
Kosten für die Erweiterung der sozialen Infrastruktur.

Bisher war es gültige Praxis, dass diese Gewinne entweder
stillschweigend geduldet wurden, ohne jeglichen Nutzen für die
Allgemeinheit, oder in einzelnen Fällen (Wienerberg) es zu nicht
kodifizierten, instrumentalisierten "Mauscheleien" zwischen Stadt und
Projektbetreiber kam, was denn dieser im Gegenzug zu seiner Widmung
für die Allgemeinheit zu leisten habe (z.B. Erbauung einer Schule).

Dies ist eine undurchsichtige Praxis, die zu allerlei "Spekulationen"
Anlass gibt. Widmungsgewinne ab einer erheblichen Größenordnung
sollten genau definiert und bei der Konsumierung derselben oder bei
einem Weiterverkauf des Grundstückes ein Anteil daran an die Stadt
abzuführen sein. Andernfalls müssen die Begünstigten der vermehrten
Nutzbarkeit einer Liegenschaft einen Beitrag zu den sozialen Kosten
(z.B. vermehrte Infrastruktur aufgrund des vergrößerten
Projektumfanges) leisten.

Dies würde nicht nur zu Klarheit in der Stadtverwaltung führen,
sondern auch die Arbeit der Immobiliendeveloper erleichtern. So käme
man nämlich zu einer kalkulierbaren Größe und wäre nicht auf ein
willkürliches Tenderverfahren angewiesen. Im Gegenzug müsste
allerdings für Widmungsverluste, weil etwa Widmungen zugunsten der
Allgemeinheit zurückgenommen werden (Grünflächen Parks, Abzonungen)
Verluste für Eigentümer der Projektbetreuer abgegolten werden.
Zahlreiche Beispiele im Ausland (von der Schweiz bis USA) zeigen,
dass diese Praxis funktioniert.

Im wesentlichen werden international zwei Systeme von
Regelungen verwendet:

Regelungen für den "Einzelfall", wie sie beispielsweise in
Deutschland und in der Schweiz angewendet werden. Hier wird als
Ausgleich für die Vorteile, die einem Bauträger durch eine
Veränderung der Bebauungsbestimmungen zufallen, ein Beitrag zur
Herstellung von notwendigen öffentlichen Einrichtungen eingefordert.

"Generelle" Regelungen, die einen pauschalen Beitrag für soziale
Folgekosten bei jeder baulichen Nutzung von Liegenschaften vorsehen.

Dabei kann es entweder zu einer direkten pekuniären Leistung des
Begünstigten in Form einer Abgabe kommen oder zu seiner Verpflichtung
Infrastrukturmassnahmen mitzutragen.

Flächenwidmungsverfahren und Bürgerbeteiligung

Aufgrund verschiedener Anlassfälle (z.B. FIAT-Gründe oder
Sensengasse) wird uns in zunehmendem Maße bewusst, dass einzelne
Anrainer, aber auch ganze Initiativen und Gruppen immer größeres
Interesse an den sie betreffenden Flächenwidmungen haben. Es ist zwar
das Flächenwidmungsverfahren öffentlich und Betroffene können
Stellungnahmen abgeben, aber dies ist mit 6 Wochen Mindestauflage eng
gesetzt. Zudem sind Änderungen nach der öffentlichen Auflage (und
dies sollte ja aufgrund von Bürgerwünschen geschehen) nur in
vermindertem Ausmaß möglich, da sonst (oberstgerichtliche
Entscheidungen) der Lauf des Verfahrens inklusive der öffentlichen
Auflage wieder von Neuem zu beginnen hätte.

Es wäre daher angeraten, Bürgermitbestimmung schon in der ersten
Phase des Flächenwidmungsverfahrens (des sogenannten "Gründrucks")
zuzulassen. Außerdem sollten Instrumente wie Mediationsverfahren oder
zumindest mit moderierten Gesprächen als mögliche zusätzliche
Kommunikationsmittel verbindlich vorgeschrieben werden. Das würde die
Flächenwidmung transparenter machen und wäre gelebte Demokratie.

Das steirische Raumordnungsgesetz sieht beispielsweise vor, dass
bereits die Absicht einen Flächenwidmungsplan zu erlassen,
kundzumachen ist. Innerhalb einer vierwöchigen Frist besteht dann die
Möglichkeit, Planungsinteressen und -anregungen einzubringen. Der
fertige Plan ist dann zumindest 8 Wochen lang öffentlich aufzulegen
(in Wien 6 Wochen). Weiters sollen in der Steiermark die Mitglieder
einer Gemeinde über den aufgelegten Entwurf informiert werden, wenn
er sie direkt oder indirekt betrifft. Die Wiener Bauordnung sieht
dies nicht einmal als "Kann-Bestimmung" vor, dennoch dauern
Flächenwidmungsverfahren in Wien im Schnitt ein Jahr, bei großen
Bauvorhaben auch mehrere Jahre.

Es ist in Wien also hoch an der Zeit, einen anlassunabhängigen
Diskussionsprozess in Gang zu bringen, wie Flächenwidmungen in dieser
Stadt in Zukunft gehandhabt und durchgeführt werden sollen, um sowohl
die Interessen der Projektbetreiber, als auch jene der Betroffenen
ausreichend zu berücksichtigen und keinen Platz für Spekulationen
oder Missbrauch zu lassen. Die Wiener ÖVP ist dazu jederzeit
bereit!(Schluss)

Rückfragehinweis: ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien
Tel.: (++43-1) 4000 / 81 913
Fax: (++43-1) 4000 / 99 819 60
mailto:presse@oevp.wien.at
http://www.oevp-wien.at

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