- 18.12.2002, 16:32:43
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Weihnachtsfeier der Behindertenorganisationen beim Bundespräsidenten
Wien (OTS) - Ansprache von Bundespräsident Dr. Thomas Klestil
anlässlich der Weihnachtsfeier für die Behindertenorganisationen am
18. Dezember 2002 im Zeremoniensaal
Herr Bundesminister, Herr Weihbischof,
meine Damen und Herren!
In diesen Tagen finden in ganz Österreich viele vor-weihnachtliche
Feierstunden statt: In Schulen und Pfarren, in Büros und Fabriken, in
Parteien und Vereinen, in Kinder- und Seniorenheimen, in Internaten
und Kasernen. Überall treffen einander Freunde und Bekannte,
Mitarbeiter oder Gleichgesinnte.
Hier und heute hingegen begehen wir diese Stunde der Besinnung und
des Miteinander-Feierns unter einem anderen Gesichtpunkt. Denn hier
ist dieses Zusammensein etwas anderes ja, wie ich meine, etwas
Besonderes:
Und das nicht deshalb, weil der Bundespräsident als Gastgeber in
die festlich geschmückte Hofburg eingeladen hat - sondern weil Sie,
meine Damen und Herren, hier stellvertretend für alle jene hierher
gekommen sind, die Ihre Behinderung nicht nur einfach ertragen,
sondern ihr Schicksal als Teil des Lebens mittragen. Sie teilen diese
Einstellung mit jenen in unserer Gesellschaft, die es nicht leicht
haben und deren Probleme in den meisten Fällen unbekannt und
unerkannt sind. Und auch diesen gilt mein Gruß: Er geht hinaus zu
allen jenen, die alleingelassen, ja vergessen sind, die krank sind
und sich selbst nicht helfen können, zu den Leidenden in den Hospizen
und Intensivstationen - aber auch zu jenen, die kein Dach über dem
Kopf haben oder in bitterer Armut leben; und schließlich auch an die
Insassen von Gefängnissen und Strafanstalten. Ihnen allen gilt heute
mein Weihnachtswunsch, sie mögen Frieden finden und ein Stück jener
Zufriedenheit, die das Leben erst lebenswert macht.
Nun meinen viele, dass wir in einer so genannten
"Spaßgesellschaft" leben. Und in den Medien wird auch tatsächlich
vielfach der Eindruck erweckt, als könnte das Lebensglück nur durch
Konsum und Vergnügen erzeugt werden. Viele von Glanz und Glamour
Geblendete sind dabei tatsächlich nur auf sich selbst fixiert und
glauben, einzig der Genuss mache sie glücklich. Alles ist bei ihnen
wie bei einem Kult auf das "Ich" abgestellt - während der Blick auf
das "Du" geflissentlich verdrängt wird.
So wissen sie auch nichts Wirkliches mit dem Weihnachtsfest
anzufangen, es sei denn als Missverständnis eines hemmungslosen
Konsums. In Wahrheit vermittelt aber die Weihnachtsbotschaft eine
ganz andere Lebenssicht, die sich nicht an die Genuss und Vergnügen
Suchenden richtet, sondern an jene, die "mühselig und beladen" sind.
Die echte Weihnachtsbotschaft spendet Mut und Kraft, sie tröstet und
richtet auf: Wer immer guten Willens und guten Mutes eine Last auf
sich nimmt - also sein "Kreuz" - der gewinnt für sich selbst etwas
dazu und tut dies nicht zuletzt zum wirklichen Wohl und Heil der
Gemeinschaft.
So soll diese Stunde ein "Dankeschön" sein für Sie, ein Dankeschön
für die Mühen eines Lebens mit einer Behinderung, durch das sie den
anderen aber in Wahrheit zu einem Vorbild werden können.
Danken an diesem Tag möchte ich aber auch Ihren Angehörigen,
Pflegern und Betreuern, die sich dem Einsatz für behinderte
Mitbürgerinnen und Mitbürger verschrieben haben.
Danken muß ich auch den Behinderten-Organisationen - jenen
Vereinen und Verbänden, die sich für Menschen in Not einsetzen. Wobei
zu diesen auch die ORF-Aktion "Licht ins Dunkel"gehört, die heuer 30
Jahre alt ist. Sie wissen, dass die Österreicherinnen und
Österreicher dank "Licht ins Dunkel" zu Weltmeistern im Spenden
geworden sind - ohne dass andere humanitäre Aktionen auf taube Ohren
gestoßen wären. Und mag es auch sein, dass wir viele Fehler,
kollektive Schwächen und nationale Mängel haben - wie übrigens andere
Nationen auch: Aber die "Allianz des Guten" beweist immer aufs Neue,
dass hierzulande gelebte Solidarität kein Modewort ist. Es macht mich
als Bundespräsident und Schirmherr von "Licht ins Dunkel" stolz und
glücklich, was der ORF und so viele andere Organisationen und
Institutionen - nebst vielen einzelnen Helfern - Jahr für Jahr zuwege
bringen.
Zu danken habe ich heute und hier aber auch den Künstlern, die
dazu beitragen, dass diese Stunden des Beisammenseins Stunden der
beglückenden Besinnung sind: Vor allem der Chorvereinigung St.
Augustin und Herrn Professor Karl Heinz Hackl. Ich weiß Sie - lieber
Herr Kammerschauspieler - stets an meiner Seite, wenn ich Hilfe und
Unterstützung gebraucht habe.
So meine ich, dass sich unser Herz für die wahre und echte
Botschaft des Weihnachtsfests öffnen kann: Fürchtet Euch nicht! Und
das Leben ist nicht sinnlos. Das Kind in der Krippe zeigt uns, dass
die Welt zum Heil bestimmt ist.
So hoffe und wünsche ich Ihnen allen - auch im Namen meiner Frau -
dass Sie in diesen Stunden die tiefe Vorfreude auf das Weihnachtfest
verspüren können. Möge jeder und jede von uns in den nächsten Tagen
Kraft und Inspiration aufnehmen. Das wünsche ich Ihnen vom Herzen -
und schon heute auch für das kommende Jahr Zuversicht, Mut und
Lebensfreude!
Rückfragehinweis:
Österreichische Präsidentschaftskanzlei
Presse und Informationsdienst
Tel.: (++43-1) 53422 230
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