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Leitartikel in den OÖNachrichten von Hans Köppl (OÖN vom 25.11.2002)

Linz (OTS) - Die etwas andere Wende Wähler wollen die Reform, aber nicht mehr mit der FP Dieses Signal der Wählerinnen und Wähler ist eindeutig, auch wenn die Konsequenzen dieses Votums vorläufig noch nicht klar erkennbar sind. Mit überwältigender Mehrheit haben die Österreicher den großen Traditionsparteien VP und SP ihre Stimmen gegeben, an Wolfgang Schüssel und die VP ist der Auftrag ergangen, das Land in eine stabile Zukunft zu führen. Rot-Grün hat eine klare Abfuhr erfahren. Schwarz-Blau geht sich rechnerisch für eine weitere Regierungsperiode aus, kann aber keinesfalls als Wählerwille interpretiert werden. Viel hängt jetzt davon ab, ob und wie weit einander VP und SP beziehungsweise VP und Grüne entgegenkommen können. Wolfgang Schüssel hat seinen Triumph, der ihn für viele Demütigungen und Schmähungen entschädigt. Es wird aber nicht leicht sein, diesen Triumph auch auszukosten. Was nützt es, nach allen Seiten hin offen zu sein, wenn niemand näher treten will? Neuerlich eine Koalition mit der FP? Die Mehrheit der Wähler hat ihre Stimmen zwar für rechts von der Mitte abgegeben, den ganz rechten bisherigen Regierungspartner aber derart niedergeknüppelt, dass es für die VP auf der Höhe ihres Erfolgs der erste Schritt in Richtung Abgrund sein könnte, diese Koalition fortzusetzen. Wenn die Zustimmung für Schüssel und die VP als der Wunsch für die Fortsetzung eines Reformkurses interpretiert werden kann, dann keinesfalls als eine Fortsetzung in der Zusammensetzung von Schwarz mit Blau. Die bloße Addition der Stimmen für Schwarz und Rot in Verbindung mit dem Umstand, dass beide Parteien hinzugewonnen haben, könnte natürlich auch dahingehend ausgelegt werden, die Österreicher würden die beiden Traditionsparteien wieder zusammen in einer großen Koalition agieren sehen. Befürworter einer solchen Koalition präsentieren immer wieder gerne das Argument von der Durchsetzungsfähigkeit notwendiger unpopulärer Reformen. Die Erfahrung beweist freilich das Gegenteil. Und als geschlagene Zweite müsste die SP geradezu unglaubliche Selbstüberwindung aufbringen, mit einer VP und einem Kanzler Schüssel Nulldefizite mitzutragen, einer Gesundheitsreform zuzustimmen, die dem Einzelnen eine höhere Selbstverantwortung abverlangt oder einer Sicherheitspolitik, die nicht um die Abfangjägerfrage herumkommt. Mehr noch als Selbstüberwindung, sondern die Aufgabe eherner Positionen würde es die Grünen kosten, sich mit der VP auf ein Regierungsprogramm zu einigen. Der Charme einer solchen Koalition scheitert auch an gegenseitiger persönlicher Abneigung zahlreicher Funktionäre. Letztlich wird es wohl an der SP liegen, dieser Wahl ihren Sinn zu geben. Die Riesenchance für die politische Zukunft Österreichs liegt jetzt darin, auf Bundesebene ein Mehrheitswahlrecht einzuführen, das zweifellos auch dem Wählerwillen entgegenkommt, und das zuletzt von Alfred Gusenbauer ins Gespräch gebracht wurde. Die Österreicher wollen offenkundig von Schwarz und Rot regiert werden. Nicht unbedingt muss es aber eine große Koalition sein.

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