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"Vorarlberger Nachrichten" Kommentar: "Neue Köpfe für das Land" (von Kurt Horwitz)

Ausgabe vom 25.11.2002

Schwarzach (OTS) - Siege haben viele Väter, sagt man im allgemeinen. Aber der gestrige Erdrutschsieg der ÖVP hat einen einzigen Vater, und der heißt Wolfgang Schüssel.

Dieser Sieg wiegt umso schwerer, als er bei großem politischen Interesse und deutlich höherer Wahlbeteiligung als zuletzt zustande gekommen ist. Die unermüdlich bis zuletzt in Wien abgehaltenen "Donnerstag-Demonstrationen" gegen schwarz-blau in Wien, die ständige Gewerkschaftskritik an der angeblichen "sozialen Kälte" dieser Regierung verkörperten offensichtlich nur die Meinung einer Minderheit.

Die Mehrheit hat gestern eindeutig einer "Wendepolitik" gegenüber der früheren rot-schwarzen Erstarrung den Vorzug gegeben. Selbst die misslungene Ambulanzgebühr, die Einführung von Studiengebühren und die höchste Steuerbelastung aller Zeiten scheinen einer Mehrheit erstrebenswerter als die sozialdemokratische Schuldenpolitik von Kreisky bis Klima.

Das zeugt von bemerkenswertem politischem Realismus, ist allerdings alles andere als ein Freibrief für die nächste Regierung.

Eine echte Wende ist der schwarz-blauen Koalition in den zwei Jahren ihrer Arbeit nicht gelungen.

Das ist zu einem erheblichen Teil Schuld der Freiheitlichen, und sie haben dafür gestern die Rechnung präsentiert bekommen. Aber auch Schüssel ist nicht unverwundbar, und das weiß der alte Fuchs auch. Wirklich gewonnen hat er erst, wenn es ihm gelingt, eine tragfähige neue Regierung zu bilden, die auch vor unpopulären Entscheidungen nicht zurückschreckt. Dass bei allen möglichen Partnern nicht nur die Strategien, sondern als Folge der Niederlage auch die Köpfe zur Disposition stehen, könnte ihm die Verhandlungen erleichtern.

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