"Vorarlberger Nachrichten" Kommentar: "Wer zahlt, schafft an" (von Kurt Horwitz)
Ausgabe vom 13.02.2002
Schwarzach (OTS) - Unsere deutschen Nachbarn haben es sich wieder einmal gerichtet. Statt einer bösen Mahnung in Form des von der EU-Kommission verlangten "blauen Briefes" genügt den EU-Finanzministern das Versprechen der deutschen Regierung, die Stabilitätskriterien des Euro-Pakts künftig ein wenig genauer einzuhalten. Man braucht nicht lange zu überlegen, mit welch gnadenloser Härte die EU vorgegangen wäre, hätte ein kleines Land wie Österreich sein Defizit so schamlos explodieren lassen wie Deutschland.
So knapp vor Wahlen wollte es sich die EU mit dem größten Nettozahler der Gemeinschaft offensichtlich nicht anlegen (und ließ immerhin freundlicherweise in einem Aufwaschen auch Portugal ungeschoren, das ähnliche Budgetprobleme hat wie die Regierung in Berlin). Wer zahlt, schafft an - dieses Argument kennt man auch in Brüssel und gab dem politischen Druck von Kanzler Schröder und Finanzminister Eichel nach.
In einer konjunkturellen Ausnahmesituation wie der jetzigen mag die Nachsicht sachlich gerechtfertigt sein; politisch problematisch ist sie allemal. Der Euro wird nur dann eine stabile Währung bleiben, wenn die Mitgliedsländer ihren Staatshaushalt in Ordnung halten. Gehöriger Druck aus Brüssel ist das einzige Argument, das mögliche Sünder verstehen. Die Großen, Reichen und Mächtigen sollten mit gutem Beispiel voran gehen, statt durch politischen Druck den blauen Klecks auf der weißen Budgetweste zu verhindern. Einen besonders guten Eindruck hinterlassen im "Fall Deutschland" weder die EU-Finanzminister noch die Regierung in Berlin.
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