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"Presse"-Kommentar: Alarm auf dem Arbeitsmarkt (von Michael Prüller)

Pressestimmen/Vorausmeldung/Wirtschaft

"Presse"-Kommentar: Alarm auf dem Arbeitsmarkt (von Michael Prüller)

Ausgabe vom 5. Jänner 2002

Wien (OTS). Würde sich eine Rezession doch nur gleichmäßig auf alle auswirken!
Eine Gehalts- oder Pensionseinbuße von sagen wir einem Prozent für jeden - das würden die wenigsten merken. Aber natürlich spielt's das nicht: Wer Arbeit hat, will eine Gehaltserhöhung, Junge drängen auf den Arbeitsmarkt; und so gibt es, wenn der Kuchen kleiner wird, auch echte Verlierer - was sich in einem Anstieg der Arbeitslosigkeit ausdrückt.
Dazu läßt sich nationalökonomisch einiges sagen: Daß etwa in Österreich die Arbeitslosenquote zwar höher ist als vor zwölf Monaten, aber immer noch relativ niedrig - gemessen sowohl am europäischen Schnitt wie am langjährigen heimischen Trend. Oder daß eine (in Grenzen) steigende Arbeitslosigkeit nicht den ersten Vorboten eines Konjunkturaufschwungs widerspricht: Spiegelt doch die Quote weniger die künftige als die vergangene Lage der Betriebe wieder.
Aber das ist alles Expertenpalaver. Vor allem anderen ist Arbeitslosigkeit ein persönlicher Schicksalsschlag für die Betroffenen. Und über ein Plus von 50.689 Beschäftigungslosen kann man nicht elegant hinweggehen. Da ist es schon ganz in Ordnung, wenn man auch die Regierung nicht aus ihrer Verantwortung entläßt. Nicht weil sie etwa die Aufgabe hätte, möglichst viele Menschen zu beschäftigen. Sondern weil sie den Rahmen zu gestalten hat, der die Wirtschaft Arbeit schaffen läßt.
Auch wenn die aktuelle Regierungskritik von SP-Seite dadurch entwertet wird, daß die Zahlen zu Zeiten sozialdemokratischer Kanzler durchaus nicht besser waren, so muß sich doch gerade eine bürgerlich-liberale Regierung fragen lassen, warum sie bisher so zögerlich war, wenn es galt, jene Unflexibilitäten (in der Arbeitszeit, im Sozial- und Gewerberecht) aufzubrechen, mit denen sich Unternehmer gegen potentielle Unternehmensgründer und Beschäftigte gegen Arbeitssuchende abgeschottet haben.
Bis November hat die Zahl der Arbeitsplätze immer noch zugenommen. Es ist das eigentliche Alarmzeichen, daß diese positive Entwicklung - die zuletzt zu einem Beschäftigungsrekord geführt hat - zum Stillstand gekommen ist. Und daran ist beileibe nicht nur die Konjunktur schuld.

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