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Vom Wichtigmacher- zum Nützlichmacherstaat

Kommentar WirtschaftsBlatt von Jens Tschebull

Wien (OTS) - Globalisierung, freibewegliches Kapital und fantasievolle Unternehmer schaffen einen faszinierenden Hexenkessel der Wirtschaft. Jedermann ist eingeladen, mitzumachen: als Unternehmer am Hochseil, als risikotragender Aktionär, Manager auf dem Schleudersitz, Mitarbeiter mit Kündigungsrisiko oder Konsument im Kaufrausch.

Wirtschaftsliberalität bedeutet nicht Anarchie. Die Wirtschaft braucht den Staat als neutralen Normengeber und Schiedsrichter, aber nicht als Vormund, der vorschreibt, was produziert wird, und wann verkauft werden darf. Gebraucht wird z.B. eine Kartellbehörde und eine Bankenaufsicht mit Biss, ohne kariöse Sozialpartnerzähne. Gebraucht wird die Aufrüstung der Wirtschaftspolizei statt des Bundesheeres: Der neue Feind ist kein Panzerschütze, sondern der Computerspion.

Die ÖIAG sollte schon längst den Auftrag zur Selbstauflösung haben, da die öffentliche Hand für Unternehmeraufgaben zu ungeschickt ist. Für marktorientierte öffentliche Dienstleistungen jedoch besteht Bedarf: Wirtschaftsforscher, Statistik Österreich und Nationalbank sollten angehalten sein, ihren Datenschatz nicht nur für das Prognoseritual im Dienste der Tagespolitik zu verarbeiten, sondern auch wirtschaftsrelevant aufbereitet und fantasievoll interpretiert als Bestseller für Unternehmer anzubieten. Nicht politisierende Empfehlungen, sondern unternehmerisch anregende Hinweise der Wirtschaftsforscher werden gebraucht. Ein grosszügiges Prämiensystem für Baubürokraten, die verschlampte Baubewilligungen bis zum Frühjahr erledigen, könnte einen kleinen Bauboom auslösen. Das würde mehr bringen als der hilflose Versuch im "Konjunkturpaket", durch eine siebenprozentige vorzeitige Abschreibung im Jahr 2002 - praktisch eine Steuerstundung von drei Prozent der Bauinvestition - auch nur einen zusätzlichen Ziegelstein auf die Mauer zu heben.

Eine ordentliche Prämie für jeden AMS-Mitarbeiter, der einen Arbeitslosen für mindestens zwei Jahre vermittelt hat, würde mehr bringen als manche lustlose Schulungsaktion.

Der Staat hat massenhaft Möglichkeiten, sich nützlich zu machen, wenn er nur aufhörte, sich ständig wichtig zu machen und statt dessen als bürgerfreundlicher Dienstleister agiert.

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