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"Tiroler Tageszeitung" Kommentar: "Prinzip Hoffnung" (Von Günther Schröder)

Ausgabe vom 4. 9. 2001

Innsbruck (OTS) - Es gehört zu den Verdiensten dieser Regierung, mit der Verkündung des Staatsziels Nulldefizit ein breites Verständnis dafür geschaffen zu haben, den Staatshaushalt in den Griff zu bekommen. Nur unter diesem Vorzeichen waren die Steuerzahler bereit, wieder einmal tiefer in die Tasche zu greifen. Jetzt stünden allerdings die versprochenen Strukturreformen auf der Tagesordnung -und da zeigt sich wieder einmal, dass abkassieren immer einfacher ist als reformieren.

Doch nicht nur das. Als das Nulldefizit verkündet und versprochen wurde, herrschte Hochkonjunktur. Damit ist jetzt Schluss. Auch wenn die europäischen Regierungen - unsere wird es übrigens heute Dienstag tun - immer wieder Durchhalteparolen verkünden und man in den Ecofin-Ministerräten darüber parliert, ob die derzeitige Flaute in den Konjunkturkurven ein "spitzes V" oder ein "breites U" hinterlässt: Die Weltwirtschaft steuert offenbar wirklich auf stürmische Zeiten zu. Das hässliche Wort Rezession macht längst die Runde.

Doch es braucht gar nicht so schlimm zu kommen, auch bei einem zarten Wachstum steht das Nulldefizit zur Disposition. Ganz ohne Zutun der Regierung, die mit wachsender Verzweiflung daran festhält -und ganz ohne Unkenrufe der Opposition: Es wird einfach zu wenig Geld da sein, Staatsziel hin, Versprechen her. Dem Finanzminister wird nichts anderes übrig bleiben, als die Hände in den Schoß zu legen. Kürzt Grasser in großem Stil staatliche Investitionen und kürzt Ausgaben, könnte alles noch schlimmer werden. So bleibt der Regierung - und uns allen - nur das Prinzip Hoffnung.

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