• 08.08.2001, 16:18:44
  • /
  • OTS0147 OTW0147

Die Hilflosigkeit a la Tirol

WirtschaftsBlatt-Kommentar über Tirol von Michael Riedler

Wien (OTS) - Die Tiroler haben soeben ein altes Vorurteil
zerstört. Liebevoll war stets am Image gefeilt worden, dass in Tirol
hart und verantwortungsbewusst gearbeitet werde, "Wien" dagegen
verplempere mit der dort typischen Misswirtschaft Milliarden. Wegen
der vorerst gescheiterten Debatte um die Bildung einer Tirol-Bank -
auf Grund monatelanger Nicht-Entscheidungen und persönlicher
Intrigenwirtschaft - darf im Heiligen Land jetzt niemand mehr so
denken. Denn das Ausmass an wirtschaftspolitischer Inkompetenz, Plan-
und Ziellosigkeit, das sich in dieser Causa offenbart hat, ist
atemberaubend.

Zunächst droht die massive Gefahr, dass eine historische Chance
verschlafen wird: Eine Partnerschaft mit der Südtiroler Sparkasse, in
welcher Form auch immer. Die Südtiroler Sparkassenstiftung müsste
laut Privatisierungsgesetz die Kontrolle über ihr Institut aufgeben -
was für Innsbruck ungeahnte Chancen eröffnen würde. Zwar könnte man
die Südtiroler nicht dominieren, über personelle und kapitalmässige
Massnahmen sowie Syndikatsvereinbarungen hätte man aber alle
Optionen, der wesentliche Gestalter zu sein. Das ist und war die
eigentliche strategische Fantasie, abseits aller zusätzlichen
buchmässigen Bewertungsgewinne. Diese Fantasie hat man zwar in der
Tiroler Banken-Branche natürlich gesehen. Doch die Politik
verhinderte entsprechende Lösungen und offenbarte dabei enorm viel
Inkonsequenz und Planlosigkeit.

Stichwort Inkonsequenz: Anfang der neunziger Jahre wurde der
Aufsichtsrat der Hypo "entpolitisiert". Dennoch waren die jüngsten
Diskussionen von A bis Z parteipolitisch durchsetzt. Stichwort
Planlosigkeit: Weder in der Regierung und schon gar nicht im Landtag
gibt es Konsens darüber, was das Land mit seinem Vermögen anfangen
soll. Ist es seine Aufgabe, eine Bank zu haben? Sie mehrheitlich zu
kontrollieren? Sollen strategische Entscheidungen nach politischen
oder nach wirtschaftlichen Kriterien gefällt werden? Da gibt es keine
klare Polit-Linie, die auch tatsächlich gelebt wird. Und das hat
parteipolitischem, persönlichem Gezänk Tür und Tor geöffnet. Die
Konsequenz ist eine Wirtschaftspolitik, die zwar die Anzahl der
Golfplatzlöcher und den Umfang der Lebensmittel-Verkaufsfläche
penibel festlegt, doch sonst konzeptlos agiert - eine Politik, die im
Detail pingelig ist, in wirklich wichtigen Fragen aber hilflos ...
(Schluss) mr

Rückfragehinweis: Redaktionstel.: 91919-305

OTS-ORIGINALTEXT UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS | PWB/OTS

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel