Zum Inhalt springen

Pressestimmen/Vorausmeldung/Europa

"Presse"-Kommentar: Elastizität, Konsequenz und Glück (von Detlef Harbich)

Ausgabe vom 3. Juli 2001

Wien (OTS). Deutliches Aufatmen am Tag danach: Die Salzburger Polizei zieht mit
unübersehbarer und auch durchaus nachvollziehbarer Zufriedenheit Bilanz nach den Demonstrationen des Vorabends. Es hat ein paar hitzige Handgemenge gegeben, ein paar Blessierte, aber alles in allem konnten ärgere Ausschreitungen, wie sie etwa in Seattle oder in Göteborg die Weltöffentlichkeit geschockt hatten, vermieden werden. Hat sich Österreich wieder einmal als schlechter Boden für Revoluzzer erwiesen, wie es schon seinerzeit die 68er erfahren mußten?
Freilich muß man auch die Dimensionen zurechtrücken. Salzburg war für den internationalen Chaoten-Wanderzirkus nur eine Station zweiter Ordnung, schon deshalb, weil das Weltwirtschaftsforum bei weitem nicht soviel Medieninteresse auf sich zieht wie ein G 8- oder ein EU-Gipfel. Und die schwachbrüstige KPÖ ist eben auch kein Veranstalter, der Massen auf die Beine bringen kann. Die Polizei konnte jedenfalls in Salzburg mit mehrfacher Überzahl agieren.
Doch immerhin: In Prag gab es bei vergleichbaren Dimensionen rund um Weltbank- und IWF-Tagung schwere Straßenschlachten und immensen Sachschaden. Man hat also gelernt. Offenbar auch aus dem verfehlten Versuch von Göteborg, die Protestierer durch Entgegenkommen - man stellte sogar Quartiere zur Verfügung - friedlich zu stimmen. Vielmehr hat man durch rigorose Kontrollen im Um- und Vorfeld etliche Krawallbrüder aus dem Verkehr gezogen und dann am Ort des Geschehens durch eine elastische Taktik begrenzten Gewährenlassens, Müdemarschierens und schließlich Einkesselns folgenschwere Ausschreitungen, zu denen ein Teil der Demonstrationsteilnehmer offensichtlich bereit war, unterbunden.
Was daran bewußte Planung, was geschickte Improvisation und was schließlich glückliche Umstände waren, wird man nachträglich schwer auseinanderklauben können. Wie auch immer: Der Aufwand hat sich gelohnt. Sogar das obligate Klagen der Demo-Veranstalter am nächsten Tag, die Polizei sei nicht nett gewesen, klang eher kleinlaut. Wirkliche Provokationen oder gar Brutalität konnte man der Exekutive nicht vorwerfen.

Rückfragen & Kontakt:

Chef v. Dienst
Tel.: (01) 514 14-445

Die Presse

OTS-ORIGINALTEXT UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS | PPR/PPR