- 21.06.2001, 14:51:31
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INTENSIVE ÖIAG-DEBATTE IM INDUSTRIEAUSSCHUSS Grasser, Ditz präsentieren Erfolge - SPÖ vermisst Industriepolitik=
Wien (PK) - Der Industrieausschuss führte heute unter der
Vorsitzführung seines Obmannes Fritz Verzetnitsch eine Aussprache
über aktuelle Fragen aus dem Bereich der ÖIAG durch. Gesprächspartner
der Ausschussmitglieder waren Finanzminister Karl-Heinz Grasser,
Staatssekretär Alfred Finz und Generaldirektor Johannes Ditz vom
Vorstand der ÖIAG.
In der Debatte präsentierten Finanzminister und ÖIAG-Generaldirektor
eine erfolgreiche Bilanz über die Privatisierungstätigkeit der ÖIAG,
die sich auch positiv auf die Entwicklung der Wiener Börse auswirke,
was insbesondere auch die FP-Abgeordneten Thomas Prinzhorn und
Reinhard Firlinger würdigten. Die SPÖ-Abgeordneten bemängelten das
Fehlen einer industriepolitischen Strategie der Regierung und
kritisierten den Vorrang der Privatisierungspolitik gegenüber den
Arbeitnehmerinteressen. Abgeordneter Verzetnitsch kündigte daher
einen Initiativantrag für ein Bundesgesetz an, mit dem die ÖIAG von
einer Privatisierungs-Holding in eine strategische
Beteiligungsgesellschaft zur langfristigen Wahrnehmung der Interessen
Österreichs ungewandelt werden soll. Die Regierung habe weder die
Absicht, VA-Stahl und VA-Tech zu privatisieren, noch das Tabak-
Einzelhandelsmonopol aufzuheben, erfuhren die SP-Abgeordneten Karl
Dobnigg, Sophie Bauer und Rudolf Edlinger von Finanzminister Grasser
und Staatssekretär Alfred Finz. - G-Abgeordneter Werner Kogler
bezweifelte, dass es bei dem hohen Tempo der Privatisierung möglich
sei, maximale Erlöse zu erzielen und stellte an Generaldirektor Ditz
die Frage, ob er sich noch ausreichend unterstützt fühle und über
ausreichenden Handlungsspielraum verfüge, was Ditz bejahte.
Ausschussvorsitzender Verzetnitsch hatte die Aussprache mit dem
Hinweis auf die große volkswirtschaftliche Bedeutung der ÖIAG-
Betriebe eingeleitet und darauf aufmerksam gemacht, dass in diesen
Unternehmen insgesamt 5 % der österreichischen Arbeitnehmer
beschäftigt sind.
Finanzminister Grasser sprach von einer erfolgreichen Leistungsbilanz
der ÖIAG im ersten Jahr der neuen Regierung. Sie habe ihren
Privatisierungsauftrag ernst genommen, auf österreichische
Interessen, Arbeitsplätze und strategische Positionen Rücksicht
genommen und durch Privatisierungserlöse und Dividenden den
übernommenen Schuldenstand binnen Jahresfrist von 86,6 Mrd. S auf
37,9 Mrd. S reduziert. Es sei gelungen, die Unternehmen zu stärken,
ihre Ertragskraft zu steigern und die Zahl der Arbeitsplätze zu
erhöhen. Die Aussichten für die weitere Entwicklung der Unternehmen
schätzte der Finanzminister positiv ein.
Hinsichtlich der Probleme bei AUA und Telekom sei es sein Ziel,
öffentliche Debatten im Interesse der Unternehmen und der Mitarbeiter
zu vermeiden. Die Entscheidungen sollen in den Unternehmensorganen
gefasst, auf politische Zurufe solle verzichtet werden.
Generaldirektor Ditz informierte die Ausschussmitglieder aus der
Sicht des ÖIAG-Vorstandes über die bisherige Erfüllung des
gesetzlichen Privatisierungsauftrages und berichtete, dass die
Fusionierung von ÖIAG und PTBG zu schlankeren Strukturen in der
Beteiligungsverwaltung geführt habe. Der Telekom-Börsegang sei in
einer schwierigen Phase vollzogen worden, der Zeitpunkt aber dennoch
richtig gewesen, weil der Kapitalmarkt für dieses Unternehmen wichtig
sei. Der Erlös habe 13,8 Mrd. S betragen, die Transaktion sei auf
internationaler Ebene als gelungen betrachtet worden. Wenn es
gelinge, auch die Privatisierung der Austria Tabak erfolgreich
abzuschließen, werde es möglich sein, den Zinsendienst für die
verbleibenden Verbindlichkeiten der ÖIAG aus den Dividendeneinnahmen
zu bedienen, was bedeute, dass die gesamte Gruppe finanziell
gesichert sei.
Hinsichtlich der Dividendenpolitik konnte der ÖIAG-Generaldirektor
den Abgeordneten befriedigende Daten unterbreiten und machte unter
anderem darauf aufmerksam, dass die OMV und VA-Stahl zuletzt
Rekordergebnisse erzielten.
Schließlich sprach Johannes Ditz der Gesetzgebung seinen Dank für die
Lösung der Restitutionsfrage aus, da dies die Voraussetzung für die
Privatisierungsfähigkeit des Dorotheums darstelle.
Abgeordneter Rudolf Edlinger (S) vermisste eine politische Strategie
in der Privatisierungspolitik und im Beteiligungsmanagement und
zeigte sich besorgt wegen einer möglicherweise vorgezogenen
Privatisierung der OMV-, Böhler-Uddeholm-, VA-Tech- und VA-Stahl-
Beteiligungen. Kritik übte der Abgeordnete an den
Personalentscheidungen, bei denen er den Eindruck habe, sie erfolgten
nicht nach objektiven Kriterien, sondern nach persönlichen
Beziehungen. Konkret erkundigte sich Edlinger nach der Abberufung von
Aufsichtsräten, der Qualifikation des ÖIAG-Vorstandes Peter
Michaelis, interessierte sich für die Kosten vorzeitiger Abberufungen
und erbat Auskunft über die Aussage des Finanzministers, "nur
unfähige Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder haben die ÖIAG
verlassen müssen". Schließlich stellte der Abgeordnete die pointierte
Frage, ob Bewerbungsschreiben für die ÖIAG in bestimmten Büros des
Parlaments abgegeben werden können.
Abgeordnete Maria Kubitschek (S) ersuchte den Finanzminister um
Klarstellung seiner Zahlenvergleiche zwischen den
Privatisierungserlösen der letzten und der neuen Regierung und wollte
wissen, wie der Finanzminister seine Verantwortung gegenüber der ÖIAG
verstehe.
Abgeordneter Thomas Prinzhorn (F) erinnerte daran, dass die Wende in
der Budgetpolitik und in der ÖIAG-Politik notwendig geworden sei,
weil die Finanz- und die Verstaatlichtenpolitik früherer Regierungen
zu einer hohen Staatsverschuldung geführt habe. Wie richtig die
Privatisierungspolitik der neuen Regierung sei, zeige sich an den
Privatisierungserlösen, den Dividendeneinnahmen und nicht zuletzt
auch an den positiven Auswirkungen der Privatisierungen auf den
Börsenplatz Wien, der mit einem Plus von 15 % seit Jahresbeginn eine
Top-Performance im internationalen Vergleich erlangen konnte. Für
Abgeordneten Prinzhorn stand die Qualität der neuen ÖIAG-
Aufsichtsräte außer Streit.
Abgeordneter Karl Dobnigg (S) mahnte eine ÖIAG-Politik ein, die
österreichische Interessen vertrete und einer zukunftsorientierten
Strategie entspreche. Er habe aber den Eindruck, dass nicht
Industriepolitik, sondern Industriellenpolitik gemacht werde. Dobnigg
berichtete von der Verunsicherung der VA-Stahl-Mitarbeiter wegen
einer vorgezogenen Privatisierung und unterstrich die Bedeutung eines
österreichischen Kernaktionärs und einer österreichischen
Sperrminorität.
Abgeordneter Werner Kogler (G) befasste sich mit der Vorgangsweise
bei der Personalrekrutierung in der ÖIAG und fragte sich, ob es bei
dem hohen Tempo der Privatisierung möglich sei, maximale Erlöse zu
erzielen. An Generaldirektor Ditz richtete der Abgeordnete die Frage,
ob er sich noch ausreichend unterstützt fühle und über ausreichenden
Handlungsspielraum verfüge.
Abgeordneter Reinhard Firlinger (F) betonte ebenfalls die günstige
Kursentwicklung der Wiener Börse als einen der Belege für den Erfolg
der Privatisierungspolitik.
Abgeordneter Leopold Maderthaner (V) wandte sich dagegen,
Personaldiskussionen in der Öffentlichkeit zu führen und unterstrich
seinerseits die positive Entwicklung der ÖIAG-Betriebe, wie sie die
vorgelegten Zahlen deutlich dokumentieren. Von einem Ausverkauf könne
keine Rede sein, die Privatisierung sei notwendig, um die
Gesamtgruppe zu sichern und den hohen Schuldenstand abzubauen.
Gegenüber SP-Abgeordneten hielt Maderthaner fest, auch er räume dem
Schicksal der Mitarbeiter Priorität ein, er machte aber gleichzeitig
darauf aufmerksam, dass Arbeitsplätze nur in gesunden Betrieben
gesichert werden können.
Finanzminister Grasser erklärte, dass die einzelnen
Privatisierungsschritte in einem mehrjährigen Privatisierungsprogramm
festgelegt wurden. Seine politische Verantwortung für die ÖIAG
interpretierte der Finanzminister als eine politische, was für ihn
bedeute, nicht öffentlich in Personalfragen einzugreifen.
Personalentscheidungen obliegen dem Aufsichtsrat, wobei Grasser
einräumte, dass es optimal sei, wenn man bereits vor der Abberufung
eines Vorstandes einen Nachfolger zur Hand habe, dies sei aber nicht
in jedem einzelnen Fall möglich.
Zur Abberufung von Aufsichtsräten stellte der Finanzminister fest, er
habe überall dort um personelle Veränderungen in den Aufsichtsräten
ersucht, wo man den Eindruck habe, dass nicht kompetente Personen
berufen, sondern politische Versorgungsposten geschaffen wurden. Ihm
sei es um objektive Sachentscheidungen gegangen. Ein Aufsichtsrat
habe Eigentümerinteressen zu vertreten, daher erwarte er sich, dass
jemand ein Unternehmen verlässt, wenn er sich mit den Interessen des
Eigentümers nicht identifizieren könne. Von "mangelndem Rückgrat"
habe er gesprochen, wo Aufsichtsräte die Entscheidung, den
Aufsichtsrat zu verlassen, nicht selbst treffen.
Zur Person von Peter Michaelis stellte der Finanzminister fest, er
habe den Eindruck, man habe im Rahmen einer sorgsam durchgeführten
internationalen Ausschreibung den bestmöglichen Partner für Johannes
Ditz gefunden und ersuchte die Abgeordneten, Michaelis an seinen
Leistungen zu messen. Rudolf Streicher habe unbestreitbare
Fähigkeiten als Manager, er habe aber das Problem gehabt, sich mit
Grundauffassungen des Eigentümers nicht zu identifizieren. Dass im
Parlament ein informelles Personalbüro für die ÖIAG bestehe, schloss
Minister Grasser dezidiert aus. Zur Qualität des ÖIAG-Aufsichtsrates
stellte Grasser fest, es habe noch nie einen so qualifizierten
Aufsichtsrat mit so hervorragenden Unternehmerpersönlichkeiten
gegeben wie den derzeitigen. "Wenn es dieser Aufsichtsrat nicht kann,
welcher soll es dann können?", zeigte sich der Ressortleiter
überzeugt.
Hinsichtlich weiterer Privatisierungen gab der Minister bekannt, dass
die Privatisierung des Dorotheums und der ATW geplant seien, VA-Stahl
und VA-Tech aber nicht verkauft werden sollen.
Scharfe Kritik übte der Finanzminister daran, dass die
Vertraulichkeit von Aufsichtsratssitzungen mannigfach durch
Information der Öffentlichkeit verletzt worden sei.
Generaldirektor Ditz stellte gegenüber Pressemeldungen richtig, dass
von Millionenabfertigungen keine Rede sein könne, es gebe keine
einzige Abfertigung. Die Bestellung von Vorständen erfolge
ausschließlich anhand von Bilanzdaten, Fakten und Entwicklungen in
den Gremien. Einige Betriebe haben Probleme, sagte Ditz und machte
auf Entwicklungen in der AUA aufmerksam. Es sei notwendig, dafür zu
sorgen, dass dieses Unternehmen wettbewerbsstark in die Zukunft gehen
könne. Den Begriff "Unfähigkeit" wollte Ditz auf den AUA-Vorstandes
nicht angewendet wissen.
Zur Bestellung von Aufsichtsräten in der ÖIAG sagte der
Generaldirektor, es entspreche der Managementliteratur, nach 10 oder
11 Jahren Veränderungen im Aufsichtsrat herbeizuführen. Die
"virtuellen Diskussionen", mit denen er derzeit konfrontiert werde,
basierten auf anonymen Aussagen, sagte Ditz und bezeichnete es als
infam, wenn der ÖIAG-Vorstand für diese Diskussion verantwortlich
gemacht werde. Einmal mehr zitierte Ditz in diesem Zusammenhang Max
Frisch und sein Stück "Biedermann und die Brandstifter".
Von Mobbing gegen Telekom-Vorstand Heinz Sundt könne keine Rede sein,
führte Ditz weiter aus und schloss mit der Feststellung, er fühle
sich vom ÖIAG-Aufsichtsrat voll unterstützt.
Die SP-Abgeordnete Sophie Bauer (S) äußerte Bedenken gegen eine
Vollprivatisierung der ATW, weil dadurch viele Arbeitnehmer, darunter
viele Behinderte, ihre Arbeitsplätze verlieren und 9.000 kleine
Zulieferbetriebe gefährdet werden könnten. Bauer warf der Regierung
vor, Privatisierungserlöse über die Interessen der Beschäftigten zu
stellen. In die gleiche Kerbe hieben Bauers Fraktionskollegen Karl
Dobnigg und Rudolf Edlinger, die Staatssekretär Finz mit der Frage
konfrontierten, ob die Aufhebung des Einzelhandelsmonopols nach einer
Privatisierung der ATW geplant sei. - Staatssekretär Alfred Finz
verneinte diese Frage.
Abgeordneter Fritz Verzetnitsch kündigte für die nächste
Plenarsitzung des Nationalrates einen Antrag seiner Fraktion für ein
Bundesgesetz an, mit dem die ÖIAG von einer Privatisierungs-Holding
in eine strategische Beteiligungsgesellschaft zur langfristigen
Wahrnehmung der Interessen Österreichs ungewandelt werden soll.
Verzetnitsch begründete sein Anliegen mit dem Hinweis auf die
Bedeutung von Konzernzentralen für die Qualität eines
Wirtschaftsstandortes. Dabei nannte er u.a. Forschung und
Entwicklung, hochwertige Arbeitsplätze, Kapital- und
Finanzmarktinfrastruktur. Um den Ausverkauf österreichischer
Schlüsselunternehmen in das Ausland zu verhindern, soll die ÖIAG laut
Verzetnitsch in eine Beteiligungsgesellschaft mit klar definierten
strategischen Zielsetzungen umgewandelt werden. Die strategische
Eigentümerfunktion des Staates soll in Form der Verpflichtung zum
Halten von zumindest 25 % plus einer Aktie des stimmberechtigten
Kapitals bei österreichischen Schlüsselunternehmen festgeschrieben
werden.
In seiner nächsten Sitzungen wird sich der Industrieausschuss mit dem
Thema "Biotechnologie" befassen, teilte Ausschussobmann Verzetnitsch
abschließend mit.
(Schluss)
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