- 21.05.2001, 19:53:06
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WIDER DIE STPO-NOVELLE UND DIE MEDIENKONZENTRATION IN ÖSTERREICH Kurt-Vorhofer-Preis an Armin Thurnher im Parlament überreicht=
Wien (PK) - Ganz im Zeichen aktueller medienpolitischer Themen stand
heute die Überreichung des Kurt-Vorhofer-Preises an "Falter"-
Chefredakteur Armin Thurnher im Parlament. Dabei wurde sowohl vom
Vorsitzenden den Journalistengewerkschaft, Franz C. Bauer, als auch
vom Preisträger selbst zum Teil massive Kritik an der Medienpolitik
der Regierung geübt. Bauer zeigte sich insbesondere besorgt "um das
Klima, das sich ändert" und merkte in Anspielung auf die geplante
Novellierung der Strafprozessordnung an, man müsse gegen den kleinen
Schritt, der möglicherweise ein großer Rückschritt sei, kämpfen.
Nationalratspräsident Heinz Fischer unterstrich, auch für die StPO-
Novelle gelte der Satz, ein Gesetz könne nur so gut sein wie sein
schwächster Teil. Wenn die Verknüpfung zweier Paragraphen es erlaube,
Gefängnisstrafen über Journalisten zu verhängen, dürfe der
Formulierungsvorschlag nicht unverändert bleiben. "Eine bessere
Lösung muss gesucht und gefunden werden."
Die Preisverleihung an Armin Thurnher fand in Anwesenheit zahlreicher
Abgeordneter und JournalistInnen, unter ihnen auch ehemalige
Vorhofer-PreisträgerInnen, statt. Nationalratspräsident Fischer hielt
in seiner Laudatio fest, Thurnher werde für seine "soziale
Verantwortung, stilistische Brillanz und unkonventionelle
Betrachtungsweise" ausgezeichnet. Darüber hinaus würden seine
Artikel, wie es in der Entscheidung der Jury heiße, "durch mutiges
Engagement im Kampf gegen Medienkonzentration und für Pressefreiheit
bestechen". Fischer zufolge zeichnet sich Thurnher aber auch durch
"alemannische Starrheit, Dickköpfigkeit und enorme Beharrlichkeit"
aus.
Franz C. Bauer zeigte sich erfreut darüber, dass mit der Verleihung
des Kurt-Vorhofer-Preises das Gedenken an einen "kritischen und
unbequemen" Journalisten hochgehalten werden könne. Zum diesjährigen
Preisträger merkte er an, der "Falter" habe sich, nachdem er als
"eine Art Schülerzeitung" begonnen habe, eine wichtige Position in
der österreichischen Medienszene erkämpft. Er hält es für
bezeichnend, dass es gerade der "Falter" gewesen ist, der den
Paragraphen 56 der Strafprozessordnung zu einem Thema gemacht habe.
Bauer qualifizierte aber nicht nur die geplante StPO-Novellierung als
problematisch, auch die ORF-Reform geht seiner Auffassung nach in die
falsche Richtung. Sollten die Kompetenzen des Stiftungsrates so
bleiben, wie der vorliegende Entwurf das vorsehe, würde das zu
Eingriffen in die tagespolitische Arbeit des ORF führen, fürchtet er.
Als Vertreter der "Kleinen Zeitung" unterstrich Erwin Zankel, es sei
eine große Leistung Thurnhers, immer wieder der Tagespresse und dem
ORF Themen vorzugeben. In Anspielung auf Thurnhers "ceterum censeo"
in seinen Falter-Leitartikeln "Seinesgleichen geschieht" sagte er,
natürlich sei auch er der Meinung, dass die Mediaprint zerschlagen
gehöre. Was er aber nicht geglaubt habe, sei, dass noch eine weitere
Steigerung der Medienkonzentration möglich wäre. Zankel wertete den
Konzentrationsprozess in der österreichischen Medienlandschaft "als
bedrohlich für unseren Beruf" und machte für diese Entwicklung neben
dem "Abseitsstehen der Politik" auch die fehlende kritische
Berichterstattung des ORF verantwortlich.
Armin Thurnher setzte sich in seiner Dankesrede kritisch mit der
österreichischen Medienlandschaft auseinander und konstatierte,
Österreichs Öffentlichkeit sei "verkümmert, verkorkst und
provinziell", der Qualitätsjournalismus "schwach ausgebaut". Viele
wüssten weder was Öffentlichkeit sei, noch würden sie diese schätzen.
Zweck vieler österreichischer Medien sei es nicht, Informationen und
Nachrichten zu verbreiten, vielmehr verfolgten sie nur noch rein
kommerzielle Ziele. Solche Scheinöffentlichkeit sei aber nicht leicht
von Öffentlichkeit zu unterscheiden. Die Verleihung des Kurt-
Vorhofer-Preises an ihn sieht Thurnher, wie er sagte, als Ermutigung,
die Versuche des Falter, Öffentlichkeit herzustellen, fortzusetzen.
Die geplante Novellierung der Strafprozessordnung wertete Thurnher
als "Revanche" der Freiheitlichen gegenüber Aufdeckungsjournalisten.
Seiner Meinung nach reicht das Zivilrecht in diesem Bereich
vollkommen aus, hier das Strafrecht anzuwenden, sei nichts als eine
Einschüchterungsgeste. Kritik übte Thurnher außerdem an der
Konzentration der Medienlandschaft. Medien würden die Politiker "vor
sich her treiben", welche sich nicht trauten den Markt so zu ordnen,
dass man annähernd von Medien- und Meinungsvielfalt sprechen könne.
"Im Übrigen bin ich der Meinung, der Mediamil-Komplex muss
zerschlagen werden."
Armin Thurnher, 1949 in Bregenz geboren, gründete 1977 die Wiener
Stadtzeitung "Falter", deren Chefredakteur er bis heute ist. Daneben
publiziert er in zahlreichen in- und ausländischen Medien und
veröffentlicht immer wieder Bücher zur österreichischen Realität.
Zuletzt erschienen "Das Trauma, ein Leben. Österreichische
Einzelheiten" und "Heimniederlage. Nachrichten aus dem neuen
Österreich".
Der mit 100.000 S dotierte Kurt-Vorhofer-Preis, der seit 1996 von der
Journalistengewerkschaft in Kooperation mit der "Kleinen Zeitung" und
der P.S.K. vergeben wird, soll publizistische Leistungen im Bereich
der politischen Berichterstattung würdigen. Man will damit die
Tradition eines Journalismus pflegen, der geistige Unabhängigkeit und
Verantwortungsbewusstsein mit brillanten Stil kombiniert. Die
bisherigen Preisträger sind Engelbert Washietl, Katharina Krawagna-
Pfeifer, Karl Danninger, Christoph Kotanko und Andreas Koller.
(Schluss)
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