Ungarn mit raschem Schritt auf dem Weg in die EU
Budapest strebt eine EU-Mitgliedschaft mit 1. Jänner 2003 an
Wien, 12. Februar 2001 (AIZ). - Ungarn nimmt seine EU-Beitrittsvorbereitungen ernst, um ab 1. Jänner 2003 vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft zu sein. Nicht nur bei den Gesetzesanpassungen im veterinär- und phytosanitären Bereich hat Ungarn rasch reagiert, sondern auch zur aktuellen Agrarkrise hat das Land Fleißaufgaben gemacht. So hat Ungarn wie die EU-Mitgliedsstaaten flächendeckende BSE-Tests eingeführt sowie ein Tiermehlverfütterungsverbot erlassen. Dies teilte Laszlo Vajda vom ungarischen Landwirtschaftsministerium auf der traditionellen Wintertagung am Montag mit. Auch plant Budapest eine nationale Agentur für Lebensmittelsicherheit einzurichten. Das Ziel ist, möglichst gut für den EU-Beitritt vorbereitet zu sein. Denn schließlich will Ungarn mit seiner Agrarwirtschaft ab dem ersten Tag der Mitgliedschaft vollständig in die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) mit allen Rechten und Pflichten ohne Handelsbeschränkungen und Grenzen eingebunden sein. Vajda führte aus, dass Ungarn mit der völlig kompromisslosen Übernahme und Anwendung des acquis communautaire die gleichen Rechte und die gleiche Unterstützung für seine Bauern möchte, wie es auch für die EU-15 gilt. ****
Im sensiblen Bereich der Quotenfrage soll nach den Wünschen Ungarns "Produkt für Produkt" verhandelt werden. Bei der Festlegung des Referenzzeitraumes müsse die langfristige Entwicklung der Produktion und des Konsums berücksichtigt werden, betonte Vajda. Er wies darauf hin, dass bereits 85 % der ungarischen Gesetze mit dem EU-Recht harmonisieren. Seit sechs Wochen ist ein vollständiges System zur Rinderregistrierung in Betrieb. In Planung sind Datenbanken für Schweine und Schafe. Vajda verwies auf ein funktionierendes Netz an Kontrollstellen. Im Bereich des Bodenmarktes beharrt Ungarn jedoch auf einer Übergangsfrist von zehn Jahren. "Wir brauchen Zeit, um den Bodenmarkt zu reformieren und Flurbereinigungen durchzuführen", begründete Vajda die gewünschte Ausnahmeregelung. Zurzeit werden nur 30 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche vom tatsächlichen Eigentümer bewirtschaftet, der Großteil ist verpachtet.
Weiters will die ungarische Regierung verstärkt in die Beratung ihrer Landwirte und in der ländlichen Bevölkerung investieren. Ein großer Beratungsstab (1.300 Mitarbeiter) tourt durch das Land, um die Bevölkerung über die EU-Agrarpolitik zu informieren und eventuelle Auswirkungen auf die ungarische Landwirtschaft zu skizzieren. In breit angelegten Kampagnen in TV, Radio und Printmedien versucht die Regierung Information weiterzugeben. Vajda zufolge befürworte die Bevölkerung zu 70 % einen EU-Beitritt. "Die Bauern sehen keine andere Alternative als die EU-Mitgliedschaft -auch wenn sie wissen, dass der Weg steinig ist und bleibt", sagte Vajda. Vor allem der Mangel an Kapital und die dadurch bedingte geringe Investitionstätigkeit in baulichen Anlagen und im Maschinenpark zerren an der Wettbewerbsfähigkeit. Auch bestehe ein dringender Bedarf an Vermarktungsorganisationen und Kooperationsformen. Als eine weitere Schwachstelle bezeichnet der ungarische Experte das Fehlen einer politischen Interessenvertretung. Die europäische Diskussion über Lebensmittelsicherheit hat nicht vor den Grenzen Halt gemacht. "Die Bauern sind auch bei uns verunsichert: Sie wollen wissen, wo die Zukunft der Landwirtschaft in Europa liegt", zeichnete Vajda ein Stimmungsbild.
Polen: Kleine Agrarstruktur, fehlendes Kapital, zu viele Beschäftigte
Nicht minder verunsichert fühlen sich die Landwirte in Polen. Wladyslaw Piskorz, Vertreter Polens in der Europäischen Union, kämpft gegen Vorurteile über die polnische Landwirtschaft an. Die Annahme sei falsch, dass Polen nicht weiß, wie viele landwirtschaftliche Betriebe es gibt, sondern man wisse nicht, wie viele Betriebe einen Flächenantrag stellen und in die GAP integriert werden, sagte Piskorz. Seiner Ansicht nach wäre es vernünftiger, die Ernteergebnisse, den Viehbestand und die Flächenproduktivität für Bemessungen heranzuziehen als die Zahl der Betriebe. Zudem sei Polens Agrarstruktur uneinheitlich. Während im Norden und Westen des Landes moderne Betriebe mit ausländischer Beteiligung mit mehr als 20 ha vorherrschend sind, sind im Süden Kleinstbetriebe mit weniger als 3 ha zu finden. Derzeit fehle der Landwirtschaft das Geld, um Futtermittel, Dünger und Medikamente einzukaufen. Um die Bauern für Umweltschutz zu gewinnen, sei eine Bewusstseinsbildung notwendig, meint Piskorz.
Strukturwandel ist notwendig
"Mit oder ohne EU" müsse es jedenfalls zu einem Strukturwandel im ländlichen Raum kommen. "Wir haben viel zu viele Leute in der Landwirtschaft. Viele junge Betriebsleiter von kleinen Betrieben meinen, dass nicht die Schweine, nicht die Kühe rentabel sind, sondern die zwei Pensionen für die Eltern." Der polnische Staat gewährt den Bauern eine Mindestrente. Etwa 3 Mrd. Euro (ATS 41,28 Mrd.) werden für die Unterstützung der landwirtschaftlichen Pensionen aufgewendet. Piskorz sieht darin einen Grund, warum so viele Polen an der Landwirtschaft festhalten.
EU soll Fakten auf den Tisch legen
Beide MOEL-Vertreter wünschen sich von der EU-Kommission eine klare Stellungnahme zu den heiklen Fragen Direktzahlungen und Kontingentregelungen. Denn so lange dies im Unklaren bleibt, sei es den Bewerberländern unmöglich, gezielte Gegenvorschläge auszuarbeiten, hieß es.
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