Bericht der Wiener Patientenanwaltschaft
Gute Noten für das Wiener Gesundheitssystem
Wien, (OTS) "Es ist erfreulich, wenn die Bundesregierung das Wiener Modell für die Entschädigung von Opfern von Medizinschäden, besser bekannt als der Wiener Härtefallfonds, flächendeckend auf ganz Österreich anwenden will", erklärte Wiens Gesundheitsstadtrat Dr. Sepp RIEDER am Montag im Rahmen der Präsentation des
"Berichtes der Wiener Patientenanwaltschaft" über ihre Tätigkeit in den vergangenen fünf Jahren mit einem Schwerpunkt auf die Jahre 1998 und 1999. "Das beweist, dass - wie immer in Fragen der Patientenrechte - Wien auch hier national und international das Tempo und den Weg vorgibt."****
Wermutstropfen bei der in einem der nächsten Ministerräte zu beschließenden "15a-Vereinbarung" sei jedoch, dass sich die Spitalspatienten über den erhöhten Spitalskostenbeitrag ihren Härtefallfonds quasi selbst finanzieren, während er in Wien von allen Steuerzahlern solidarisch getragen werde.
Die von der Bundesregierung geplante Neuregelung sieht eine Erhöhung des sogenannten Spitalskostenbeitrages um 30 Schilling vor, was für Wien eine Erhöhung von 70 auf 100 Schilling bedeuten würde. Davon fließen 10 Schilling in einen "Entschädigungsfonds für Schadensfälle im Zusammenhang mit medizinischer Behandlung". Dabei muss der erhöhte Spitalskostenzuschuss zwar von den Spitälern eingehoben werden, kommt diesen aber nicht zugute, da im gleichen Ausmaß die Leistungen der Krankenkassen gegenüber den Spitälern reduziert werden.
Einziger Härtefallfonds in Österreich
"Der Wiener Härtefallfonds hat sich seit seiner Schaffung im Jahr 1997 voll bewährt", erklärte Stadtrat Dr. Sepp Rieder. Die Konstituierung des Beirates des Wiener Härtefallfonds für Opfer von Medizinschäden erfolgte am 20. November 1997. Den Vorsitz des Beirates führt der Wiener Patientenanwalt Prof. Dr. Viktor PICKL. Insgesamt ist der Wiener Fonds jährlich mit 8,5 Millionen
Schilling dotiert.
Finanzielle Hilfe bis zu maximal 500.000 Schilling pro Einzelfall können Patienten zugute kommen, die durch eine medizinische Untersuchung, Behandlung oder Nichtbehandlung in
einem Krankenhaus oder Pflegeheim der Stadt Wien einen Schaden erlitten haben und gleichzeitig eine erfolgreiche Durchsetzung der Ansprüche nur mit einem aufwendigen und lange dauernden Beweisverfahren oder nicht mit Sicherheit zu erwarten ist. Auch
ist die soziale Situation des Patienten zu berücksichtigen. Voraussetzung für eine Hilfe ist ein Hauptwohnsitz in Wien.
Die Richtlinien des Wiener Härtefallfonds gehen davon aus, daß nicht jeder medizinische Eingriff, der nicht das gewünschte Ergebnis bringt, automatisch ein Kunstfehler ist. Die Grenze zwischen vermeidbarem Misserfolg und Behandlungs- und Untersuchungsfehler ist für Patienten nur sehr schwer abschätzbar und oft auch fließend. Für diese Grauzone wurde der Wiener Härtefallfonds geschaffen, dessen Entscheidungen auf dem Boden des Haftpflichtrechts erfolgen, also weder eine Erfolgshaftung noch
eine verschuldensunabhängige Haftung sind. Eine solche würde eine Gesetzesänderung auf Bundesebene erfordern.
Bisher 70 Millionen für Patienten erkämpft
Seit ihrer Gründung konnte die Wiener Patientenanwaltschaft für 670 Patienten Entschädigungen in der Höhe von rund 70 Millionen Schilling erkämpfen. Dazu kommen noch die seit 1998 im Rahmen der Wiener Härtefallregelung ausbezahlten finanziellen Hilfen in der Gesamthöhe von rund 10,7 Millionen Schilling.
Insgesamt mehr, jedoch weniger berechtigte Beschwerden
Die Zahl der Anliegen, die an die Wiener
Patientenanwaltschaft herangetragen wurde, ist von 1998 auf 1999
von 6.625 auf 7.315 angestiegen. Davon wurden aktenkundig 1.490
bzw. 1.505. Die überwiegende Zahl der Anliegen betrafen städtische und private Spitäler sowie frei praktizierende Ärzte.
821 Anliegen (80 Prozent der Anliegen im Spitalsbereich) betrafen im Jahr 1999 städtische Spitäler, 216 (20 Prozent der Anliegen) sonstige private Spitäler. Dieser Prozentsatz spiegelt ziemlich exakt die tatsächliche Verteilung der Wien Patienten in städtischen/privaten Spitälern wider.
Von den 821 Anliegen im Bereich der städtischen Spitäler betrafen 283 konkrete Beschwerden. Davon waren 37 berechtigt, 54
zum Teil berechtigt und 170 nicht berechtigt. 22 Beschwerden
wurden zurückgezogen.
Weniger als fünf Prozent aller Patientenschäden gehen auf Fehler zurück
Weniger als fünf Prozent aller Patientenschäden gehen auf Kunst- und Behandlungsfehler oder sonstiges Verschulden zurück.
Der Großteil aller Schäden hat sogenannte Komplikationen zur Ursache oder Risiken, die nicht vermeidbar sind. Diese Tatsache
war auch ein Grund der Schaffung des "Wiener Härtefallfonds".
Gute Noten für das Wiener Gesundheitssystem
Insgesamt gibt die Wiener Patientenanwaltschaft dem Wiener Gesundheitswesen in puncto "Gleicher Zugang zur Gesundheitsversorgung", "Qualität" und "Patientenorientierung"
gute Noten.
Probleme ortet die Wiener Patientenanwaltschaft in folgenden Bereichen:
o Kapazität für Herz- und Gefäßoperationen
o Versorgung von Dialysepatienten
Aufgrund fehlender Kapazitäten in Niederösterreich müssen in Wien auch viele Niederösterreicher versorgt werden, was zu einem Engpass geführt hat. Als Sofortmaßnahme wurde in den Wiener Spitälern eine 4. Schicht eingeführt und Patienten um Mitternacht vorsorgt, was aber zu zusätzlichen Belastungen für diese führt.
o Kapazität im orthopädischen Bereich
o Kapazität in der neurologischen Rehabilitation
Die Wiener Patientenanwaltschaft
Wien war 1992 das erste Bundesland, das eine weisungsfreie
und für das gesamte Gesundheitswesen zuständige Patientenanwaltschaft ins Leben rief. "Das Gesetz über die Wiener Patientenanwaltschaft" ist seither Vorbild für ähnliche Regelungen im In- und Ausland.
Derzeit verfügt die Wiener Patientenanwaltschaft über zwölf MitarbeiterInnen, davon fünf "rechtskundige Bedienstete" sowie
zwei teilbeschäftigte Ärzte. Bis auf Patientenanwalt Prof. Pickl und einen Arzt besteht das Team der Patientenanwaltschaft ausschließlich aus Frauen.
Neben ihrer eigentlichen Aufgaben, das Durchsetzen von konkreten Patientenrechten, nimmt die Wiener Patientenanwaltschaft ein Reihe weiterer Aufgaben wahr.
Dazu zählen:
o Begutachtung von Entwürfen von Gesetzen und Verordnungen
o Mitarbeit in insgesamt 22 Ethikkommissionen
o Mitwirkung in Arbeitsgruppen und Kommissionen (z.B. WIKRAF,
Pflegeheimkommission)
o Lehr- und Vortragstätigkeit, z.B. Mitwirkung an einem neuen
Studienplan für die Medizinerausbildung
o Mitwirkung an qualitätssichernden Maßnahmen
o SERVICE:
Wiener Patientenanwaltschaft
Schönbrunner Straße 7
1040 Wien
Telefon: 01-587 12 04
Telefax: 586 36 99
E-Mail: post_wpa@wpa.magwien.gv.at
(Schluss) nk
*** OTS-ORIGINALTEXT UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER
VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS ***
Rückfragen & Kontakt:
www.wien.at/vtx/vtx-rk-xlink/
Norbert Kettner
Tel.: 4000/81 845
e-mail: norbert.kettner@ggs.magwien.gv.at
PID-Rathauskorrespondenz: