Prammer: Gemeinsame Obsorge macht Mütter erpressbar
Wien (SK) "Bei der gemeinsamen Obsorge geht es nur um die Willensbeugung der Alleinerzieherinnen, deren angebliche 'Macht' eingeschränkt werden soll. Es gibt kein Bedürfnis, die derzeitige Rechtslage zu ändern, hingegen zahlreiche massive Bedenken gegen Bestimmungen der vorliegenden Gesetzesvorlage", sagte SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Barbara Prammer Mittwoch bei einem öffentlichen Hearing im Rahmen des Justizausschusses zur geplanten Änderung des Kindschaftsrechtes. Prammer erklärte, die derzeitige Regelung trage den Bedürfnissen der Nicht-Obsorge-Berechtigten Rechnung. Prammer kritisierte an dem Entwurf, dass die Unterhaltsfrage ungeklärt sei. Auch Erfahrungen aus Deutschland würden Probleme bei den Unterhaltszahlungen zeigen. "Mütter werden erpressbar, weil sie zu allen finanziellen Konzessionen bereit sein werden, damit der Vater auf die gemeinsame Obsorge verzichtet", befürchtet Prammer. ****
Prammer betonte, "der neue Entwurf des Kindschaftsrechts hat Ähnlichkeiten mit den Gesetzesrelikten aus der Zeit bis 1978, als die Pflicht des Vaters im Unterhalt des Kindes bestand und die Pflicht der Mutter in der 'Pflege des Körpers und der Gesundheit' und das Recht des Vaters die Gewalt über Ausbildung und Vermögen des Kindes war". Diese Regelung hätten auch die Richter als mühsam und kontraproduktiv für das Wohlergehen des Kindes empfunden. "Die Änderung war ein langer Praxiswunsch", erinnerte die SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende.
Schließlich habe man bei der Familienrechtsreform einen Konsens gefunden, demzufolge derjenige, der die Arbeit habe auch die Entscheidungsbefugnis besitze: Wer die Verantwortung trage und Pflichten habe, solle auch das Obsorgerecht besitzen. "Die Obsorge ist ein Instrument, um die Pflege des Kindes zu ermöglichen", so Prammer. Prammer kritisierte, dass großer Druck auf den Elternteil ausgeübt werde, bei dem das Kind lebt, meistens die Mutter, damit diese einem Obsorgemodell zustimmt, das sie nicht möchte. Aber es gebe keinen Druck auf diejenigen Eltern, die sich nicht um ihre Kinder kümmern.
In einer Ehe habe jeder Elternteil das Recht, rechtsverbindliche Maßnahmen zu setzen, auch wenn diese den Maßnahmen des anderen Elternteils widersprechen. Das funktioniere so lange die Eltern einig seien. Dass dieses System auch nach der Scheidung angewandt werden solle, lasse Schlimmstes befürchten. Prammer betonte, "dann kommen wir zu Situationen, wo ein Elternteil das Kind an einer Schule anmeldet und der andere das Kind anderntags wieder abmeldet".
Auch jetzt habe der Nicht-Obsorge-Berechtigte ein Recht auf persönlichen Kontakt mit dem Kind: vier Wochen Urlaub und jedes zweite Wochenende. Prammer sagte, "Der Nicht-Obsorge-Berechtigte hat an insgesamt 70 Tagen im Jahr die Möglichkeit, sein Kind zu sehen". Im Zusammenhang mit dem Besuchsrecht erklärte Prammer, "es gebe immer noch mehr Kinder, die bitter enttäuscht sind, weil der Vater nicht zu Besuch kommt, als Väter, denen gesetzlich verwehrt wird, ihr Kind zu sehen. Dass die Möglichkeiten gar nicht ausgeschöpft werden, liegt nicht am Gesetz. Das Gesetz kann an den Kontakten nichts ändern."
Die SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende unterstrich, eine Scheidung bedeute, dass zwei Menschen nicht mehr miteinander auskommen könnten, wofür oft Erziehungsfragen ein Grund seien. Es sei Illusion zu glauben, dass es wegen eines Gesetzes zu einem einvernehmlichen Vorgehen bei der Kindeserziehung kommen werde. "Väter kümmern sich nicht deshalb nicht um ihre Kinder, weil sie keinen Gesetzesbeschluss haben, der ihnen das vorschreibt", so Prammer. Um diese brennenden Probleme zu besprechen, habe sie, Prammer, um einen Termin bei Minister Haupt ersucht, aber keinen erhalten. Es sei auch kein Gleichbehandlungsausschuss geplant, kritisierte Prammer abschließend. (Schluss) ts
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