Referenden ja und nein Europas Integration ist eine heikle Angelegenheit (Von Hans Köppl)
Sollen Europas Bürger darüber abstimmen, ob Ungarn, Polen, Slowenien und weitere Staaten in die Union aufgenommen werden? In einem Zeitungsinterview hat der für die Osterweiterung der EU zuständige Kommissär, der Deutsche Günter Verheugen, ein SPD-Politiker, vor einigen Tagen ein Referendum darüber als sinnvoll anklingen lassen. Er wurde daraufhin umgehend von den Außenpolitikern der EU, insbesondere von seinem Landsmann Joschka Fischer, verbal verprügelt. Applaus zollten ihm vornehmlich Rechtspopulisten. Viele Zeitungskommentatoren brachten Verständnis für den Vorstoß auf, in wichtigen europäischen Anliegen den Konsens mit den Europabürgern zu suchen.
Auch wenn der Gebeutelte seine Überlegungen zu Volksentscheiden über Grundsatzfragen der Europäischen Union nachträglich als Flop bedauert, hat er ein wichtiges Thema angesprochen, das nicht einfach aus politischer Opportunität heraus unter den Teppich gekehrt werden sollte. Verheugen hat formuliert, was die Europabürger denken. Und er stieß ein Problem an, das lange schon unter der Decke schwelt:
die wachsende Distanz zwischen zwischen Europa-Elite und Europabürgern.
Der gegenwärtige Stand der europäischen Integration Ð Binnenmarkt, Schengen-Abkommen, Euro Ð ist überwiegend das Ergebnis elitärer Entscheidungsprozesse auf politischer und wirtschaftlicher Ebene. Nachträgliche Referenden in Frankreich oder Dänemark zeigten auf, wie knapp die Zustimmung der Bürger ausfallen kann. Jüngste Meinungsumfragen lassen erkennen, dass die Zustimmung zum Projekt Europa an der Basis weiter abbröckelt. Der schwächelnde Euro stützt zwar die Exportwirtschaft und den Arbeitsmarkt, seine Wahrnehmung verdüstert sich indes. Politiker und Währungshüter wirken immer hilfloser, wenn sie die Kursentwicklung erklären sollen.
Der Vorstoß des EU-Kommissärs sollte von der politischen Elite als Warnsignal verstanden werden. Es müsste sie eigentlich hellhörig machen, wenn sich etwa in Österreich Jörg Haider als der wahre EU-Erweiterungsexperte hinstellt. Mehr als alle bisherigen Intergrationsprojekte bedarf die Osterweiterung der ehrlichen Information, um Unwissen abzubauen und Vorurteile zu beseitigen.
Die Osterweiterung zum Gegenstand eines Plebiszits zu machen, hielte ich indes für falsch. Eine solche Abstimmung würde nicht nur sofort das Bild von der Festung Europa wieder auferstehen lassen, sondern widerspräche auch der bisherigen Integrationspraxis. Zu Recht hat man die Bürger der damaligen Zehner-Gemeinschaft nicht gefragt, ob sie die Spanier und die Portugiesen dabei haben wollen, oder später die EG-Zwölf, ob ihnen die Österreicher, die Finnen und die Schweden genehm seien.
Davon abgesehen ist das Unternehmen Osterweiterung bereits so weit gediehen, dass es nur noch eine Frage des Termins, der Übergangsfristen sein kann. Wichtig wäre jetzt, die EU-Bürger davon zu überzeugen, die Kosten dieses Unternehmens als Vorschuss auf eine spätere europäische Friedensdividende zu akzeptieren.
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