• 17.08.2000, 17:45:51
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DER STANDARD bringt in seiner Freitag-Ausgabe zur PSK-Übernahme durch die Bawag: Politische Motive sind hinter dem Deal nicht zu erkennen. Die Neuordnung der österreichischen Banken ist längst keine

Frage der Gesinnung mehr, sondern des Rechenstifts. Erschienen:18.08.2000

Rechenstift hat Politik abgelöst
Rot und Schwarz spielen nur mehr in der
Gewinn-und-Verlust-Rechnung eine Rolle - Michael Hann =

Wien (OTS) - Die Übernahme der "schwarzen" Creditanstalt durch die
"rote" Bank Austria vor drei Jahren hat noch beträchtliche
Irritationen bei der ÖVP ausgelöst, die dazu führten, dass politische
Abmachungen über Behaltefristen für Mitarbeiter getroffen wurden. In
der Zwischenzeit ist die einstige "monetäre Visitenkarte Österreichs"
(Copyright Hannes Androsch) zur reinen Inlandsbank degradiert worden
und der neue Mehrheitseigentümer selbst in bayrische Hände geraten.

Mit der Postsparkasse hat sich der Staat als Eigentümer nun von
seinem letzten Kreditinstitut getrennt. Wieder gab es Rätselraten, ob
die rote Bawag, die schwarze Volksbank oder die Schwarzen unter dem
grünen Giebelkreuz, die Raiffeisen-Gruppe, den Zuschlag bekommen
werden. Zumal die Entscheidung bei einem rot-schwarzen
"Proporzzeit-Pärchen" lag, wie es die blauen Freiheitlichen sehen,
nämlich den ÖIAG-Vorständen Rudolf Streicher und Johannes Ditz, die
allerdings einen Aufsichtsrat über sich haben, bei dem sehr viele
Mitglieder der FP nicht gerade feindlich gesinnt sind.

Beide strategischen Konzepte, die die Öffentlichkeit im Detail
nicht kennt, waren gleich gut, sagt Rudolf Streicher, der sie kennen
muss. Daher war der Zuschlag jenem zu geben, der mehr bot. Und das
war mit einem Kaufpreis von 17,6 Milliarden Schilling die Bawag, die
damit, wie es nun aus der Volksbank heißt, gut 800 Millionen über
ihrem Konkurrenten lag.

Raiffeisen trat erst gar nicht in den Ring. Angeblich, so
verraten Insider, war Generalanwalt Christian Konrad das Hindernis,
ein enger Freund von Bank-Austria-Chef Gerhard Randa und damit, so
schätzen zumindest einige grüne Riesen ihn ein, ein "Feind" von
Helmut Elsner. Konrad hätte gerne in Partnerschaft mit der Bank
Austria die P.S.K. übernommen. Nachdem dies nicht mehr ging, soll er
die Basis mobilisiert haben. Eine geheime schriftliche Abstimmung, so
wird berichtet, habe eine Zustimmung von 65 Prozent für ein
Übernahmeangebot ergeben, ausgemacht war aber ein Quorum von 75
Prozent. Nicht alle grünen Riesen gaben sich aber geschlagen. Der
Chef der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, Ludwig Scharinger,
hatte vor dem Zuschlag an die Bawag etwas kryptisch erklärt, für ihn
sei das Kapitel Postsparkasse noch nicht beendet. Details, die
offenbar auf Gespräche mit Elsner hinauslaufen, werde er zu einem
späteren Zeitpunkt eröffnen.

Die Volksbanken-Gruppe wiederum hatte außer dem finanziell
schlechteren Angebot auch die Bedingung gestellt, gleichzeitig auch
die Post-Versicherung mehrheitlich zu übernehmen, die zu 40 Prozent
der Postsparkasse und zu 60 Prozent der Post gehört. Wohl zum Nutzen
ihres Partners, der deutschen Versicherungsgruppe Ergo. Die Bawag
hingegen hielt sich in ihrem Offert zurück und will mit ihrem
Versicherungspartner Allianz erst nach der P.S.K.- Übernahme getrennt
über die Post-Versicherung verhandeln.

Auch aus der Sicht der Post ist die Bawag der interessantere
Partner. Denn möglicherweise kann die Bawag dazu beitragen, dass die
Post mehr Ämter auf dem flachen Land erhalten kann, wenn einfache
Produkte auch von Briefträgern verkauft werden und damit die
Wertschöpfung erhöht wird. Das Netz von 2300 Filialen wird aber
sicher nicht voll erhalten bleiben.

Wohin man auch blickt, politische Motive sind hinter dem Deal
nicht zu erkennen. Es wäre auch sonderbar, wenn in der roten Bawag
der schwarze Stephan Koren Karriere macht, die er nun im Vorstand der
Postsparkasse fortsetzt, und vielleicht den roten Max Kothbauer als
Chef beerbt. Und schließlich ist die Bawag zwar noch mehrheitlich in
Händen des roten ÖGB, die Strategie bestimmt aber die schwarze
Bayrische Landesbank.

Die Neuordnung der österreichischen Banken ist längst keine Frage
der Gesinnung mehr, sondern des Rechenstifts. Schwarz und Rot spielen
weiterhin eine Rolle, aber nur noch in der Gewinn-und-
Verlust-Rechnung.

Rückfragehinweis: Der Standard
Tel.: (01) 531 70/0

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