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Neue Zeit" Kommentar: Verwirrung" (von Josef Riedler)

Ausgabe vom 10. 6. 2000

Graz (OTS) Pfingsten ist, wenn man der Bibel folgt, sozusagen das Gegenteil jenes Ereignisses, mit dem Gott den Turmbau zu Babel beendete: Dort verwirrte er die Sprachen all derer, die am Turm bauten, so dass keiner mehr den anderen verstand. Etwa eineinhalb Jahrtausende später ereignete sich das Pfingstwunder. Am Tag des ersten jüdischen Schawuot-Festes nach der Kreuzigung Jesu ließen sich auf seine versammelten Jünger die Feuerzungen des Heiligen Geistes herab. Und plötzlich verstand in Jerusalem jeder jeden, gleich woher er kam. Gottes Strafe von Babylon war überwunden.
Für nicht allzu lange. Denn sicher ist, dass wir heute wieder mit der babylonischen Sprachverwirrung leben. Nehmen wir nur dieses eine Wort, das derzeit Österreich beherrscht: "Sanktionen". Es vermittelt sichtlich Unfassbares, Grauenhaftes. Und tatsächlich: In Serbien und im Kosovo, da brachten die "Sanktionen", verhängt von der EU und der Nato, Tod und Verderben über Tausende und Abertausende Menschen. Das ist die wahre Bedeutung des Wortes, wenn es internationale Vorgänge beschreibt.
Wer sich dieses vor Augen hält, muß staunen über das hemmungslose Selbstmitleid österreichischer Politiker, wenn sie die unterkühlten Beziehungen zu den EU-Ländern in ihrer babylonischer Verwirrung "Sanktionen" nennen. Ein Pfingstwunder müsste her. Damit jeder versteht, woher Österreichs Peinlichkeiten kommen: Von einem Jahrzehnt katastrophaler Außenpolitik und einer jämmerlichen Regierungsbildung in diesem Jahr.

Rückfragenhinweis: Neue Zeit, 0316/2808-306

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