Wie viel Zivil wir brauchen
Zivildienst oder ziviler Alternativdienst
(Von Hans Köppl)
Die Aufregung über die Einschränkung des Zivildienstes ist angebracht. Wie bei der Pensionsreform ist es die überfallsartige Vorgangsweise, die aufstößt, dem freilich entgegenzuhalten ist, dass rasches Handeln effizientes Handeln ist und solches angesichts der Budgetlage auch nottut. Die Aufregung ist auch im Hinblick auf die persönliche Betroffenheit jener jungen Männer verständlich, die Nachteile für ihren Berufseinstieg befürchten müssen.
Viel der Aufregung ist indes auch Heuchelei. Die stark angewachsene Zahl von Zivildienstbewerbern, vor allem nach der Abschaffung der Gewissensprüfung, hat dazu geführt, dass viele Organisationen sich auf die sichere Zuteilung der für sie kostenlosen Arbeitskräfte eingerichtet haben. Mögliche Rationalisierungen unterblieben vielfach. Leistungen für die Gesellschaft wurden und werden von Billigstarbeitskräften erbracht, die sich die Gesellschaft über umverteilte Steuergelder selbst bezahlt.
Nur die halbe Wahrheit ist schließlich auch die Begründung der bezeichnenderweise als Reform verkauften Einschränkung. Richtig ist, dass damit Staatsausgaben eingespart werden. Bei den Staatsausgaben zu sparen, ist bekanntermaßen eine weithin erhobene Forderung im Zusammenhang mit der Sanierung des Staatshaushalts. Die Regierung, sollte man meinen, handelt hier im Sinne vieler Bürger, die solchermaßen von Steuererhöhungen verschont bleiben. Leider bedeutet jede ausgabenseitige Sanierung notwendigerweise reduzierte Mittel für Bevölkerungsgruppen und Institutionen, denen bisher staatliche Ausgaben zugeflossen sind. Und wem genommen wird, der schreit.
Eine Reform ist die Ausgabenkürzung aber keinesfalls, denn eine solche müsste klar als gesellschaftpolitische Neuordnung deklariert werden. Zwar spricht der Innenminister auffällig von Alternativdienst zum Präsenzdienst, doch fehlt dem Wort die rechtlich-institutionelle Grundlage. Auch in zurückgestutzter Form ist der Zivildienst weiterhin verfassungsrechtlicher Wehrersatzdienst. Ein echter Alternativdienst könnte der Zivildienst nur dann sein, wenn keine allgemeine Wehrpflicht mehr besteht und die jungen Menschen frei zwischen unterschiedlichen Diensten an der Gesellschaft wählen könnten.
Wenn mit dieser ãReformÒ ein erster Schritt zu einer allgemeinen Dienstpflicht an Staat und Gesellschaft gesetzt werden soll, muss man dies deutlich sagen. Es wäre dies ein Schritt in die Richtung der Bürgergesellschaft, mit der die VP in den zurückliegenden Wahlkampf ziehen wollte, und die Andreas Khol in einem Buch dargestellt hat.
Ein solcher allgemeiner Sozialdienst, der auf der anderen Seite freilich ein Berufsheer bedingt, wäre gewiss ein durchaus zukunftsträchtiges Gesellschaftsmodell. Junge Menschen Ð Burschen und dann auch Mädchen Ð gewinnen Erfahrungen im Mitgestalten ihrer Lebenswelten in der Gesellschaft, in Institutionen, die dem Menschen dienen. In der Folge könnte sich daraus jene ãCivil SocietyÒ entwickeln, die solidarische Bürgergesellschaft, für die sich inzwischen auch Sozialdemokraten wie ein Schröder begeistern können.
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