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KURIER-KOMMENTAR von Christoph Kotanko über die vierte Runde der Regierungsverhandlungen

"Koalition neu": Wille und Widerstand Ausgabe vom 6.1.2000

Wien (OTS) - Neues Jahr, alte Inszenierung. Über die Inhalte der Koalitionsgespräche zwischen SPÖ und ÖVP wurde auch gestern offiziell nichts verlautbart. Aus verschiedenen vertraulichen Äußerungen beider Seiten lässt sich aber doch einiges schließen. So hat die ÖVP die Sicherung der Pensionen massiv thematisiert. Bis zur Vorwoche war die SPÖ, bedingt durch eine Erkrankung der zuständigen Sozialministerin Hostasch, kaum handlungsfähig. Mit Frauenministerin Prammer, die Viktor Klimas Vertrauen genießt und plötzlich überall mitzureden hatte, kamen die Schwarzen nicht zurecht. Hostasch ist erst seit Dienstag wieder einsatzfähig. Neuerdings räumen auch Rote ein, dass der Zuwachs des Bundeszuschusses zu den Pensionen ein Problem ist, dem man sich stellen muss. Eine paktierte Lösung gibt es noch nicht. Das gilt für das gesamte Budget, wobei bis zum Jahr 2003 nach überstimmenden Rechnung eine Lücke von 50 Milliarden Schilling zu füllen ist. Für ein virtuelles Budget steht Finanzminister Edlinger sicher nicht zur Verfügung. Ungeklärt ist auch die Senkung der Lohnnebenkosten, ebenso wenig erledigt - laut Verhandlern noch nicht einmal andiskutiert - ist die Frage der äußeren Sicherheit. Die SPÖ hat immerhin eingestanden, dass das Kriegsmaterialgesetz nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist, die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Militaria soll neu geregelt werden. Die Briefwahl (als Teil des Demokratiepakets) soll kommen, wenn - SP-Bedingung - gesichert ist, dass Missbrauch verhindert wird und wenn über alle anderen Punkte Einvernehmen erzielt wird. Der Grundsatz gilt für beide Parteien:
Nichts ist beschlossen, so lange nicht alles abgeschlossen ist. Dazu gehört (und das wurde bisher wenig bedacht), dass allfällige Vereinbarungen nicht nur von den Verhandlern, sondern auch in Parteivorständen und Parlamentsklubs abgesegnet werden. SPÖ wie ÖVP werden Entscheidungen treffen müssen, die ihrer jeweiligen Klientel weh tun. Ein Schlüssel zu Erfolg oder Misserfolg ist die "Koalition neu", also eine radikal andere Form des Regierens. "Wenn wir so weiter machen wie in den letzten zwei Jahren, wissen wir, wer beim nächsten Mal Erster ist", tönt es aus dem Verhandlerkreis. "Koalition neu", das ist eine rhetorische Allzweckwaffe, ohne dass heute jemand sagen könnte, worauf sie zielt. Oft genannt wird die Abschaffung des unseligen Proporzes - doch das Gelöbnis haben schon viele Regierungen abgelegt. Und gebrochen. Mit einer neuen Kompetenz-Verteilung wird bei den Bürgern sicher kein Sturm der Begeisterung zu wecken sein; die wenigsten wissen, wie (schlecht) bisher die Zuständigkeiten geordnet waren. Mehr Eigenverantwortung für Minister, weniger Mitsprache des Finanzministers? Auch das ist ein Spezialthema (der ÖVP), mit dem die Herzen nicht zu gewinnen sind. Das aber muss eine "Koalition neu". Sonst schaut sie bald wieder alt aus.

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