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Kaske: Personalmangel im Tourismus durch indiskutable Angebote (1) Stellenangebote unter Kollektivvertrag sind keine Ausnahmen

Wien (HGPD/ÖGB). Die Diskrepanz zwischen der Zahl arbeitslos gemeldeter Tourimusmitarbeiterinnen und -mitarbeiter einerseits und der Klage mancher TourismusunternehmerInnen anderseits, für die angelaufene Wintersaison 1999/2000 nicht genügend Personal zu finden, hat nach Ansicht der Gewerkschaft Hotel, Gastgewerbe, Persönlicher Dienst (HGPD) vor allem den Grund, dass Entlohnung und Arbeitsbedingungen der offerierten freien Stellen nicht arbeitsmarktkonform sind. Überlange Arbeitszeiten, häufiger Dienst an sechs oder sogar sieben Tagen und eine Entlohnung, die nur knapp über oder manchmal sogar unter den kollektivvertraglichen Mindestlöhnen liegt, seien die häufigsten Ursachen für Personalmangel in Saisonbetrieben, sagte HGPD-Vorsitzender Rudolf Kaske heute bei einem Pressegespräch in Wien. ++++

Abhilfe, so Kaske, könnte nur eine grundlegende Verhaltensänderung der TourismusunternehmerInnen bieten: "Wenn sich die Hoteliers und Wirte bei den Löhnen und Arbeitsbedingungen an den Preisen und Standards orientieren, die sie ihren Gästen bieten, gäbe es mit einem Schlag genügend qualifiziertes Personal für diese Betriebe. Aber einen Fünf- oder Vier-Stern-Betrieb mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen zu wollen, die bei Löhnen auf Kollektivvertragsniveau bis zu 16 Stunden täglich arbeiten müssen und oft auch die Überstunden nicht korrekt abgegolten erhalten, wird zu Recht am Personalmangel scheitern."

Rechtzeitige Personalplanung erspart "Torschlusspanik"

HGPD-Vorsitzender Rudolf Kaske übte auch heftige Kritik an den Wünschen der Tourismuswirtschaft nach Aufstockung des Saisonnierkontingentes für die angelaufene Wintersaison. Vorrangiges Ziel sei, die arbeitslosen in- und ausländischen Tourismusarbeitskräfte zu fairen Lohn- und Arbeitsbedingungen in Beschäftigung zu bringen.

"Saisonniers können für den Tourismusarbeitsmarkt eine gefährliche Droge sein", meinte Kaske. Statt die Ursachen für die regelmäßig wiederkehrenden Personalengpässe zu beheben, werden ausländische Arbeitskräfte mit Niedrigstlöhnen zur Überdeckung der strukturellen Probleme eingesetzt. Dabei sehen die Tourismusunternehmer den Wald vor lauter Bäumen nicht. Durch rechtzeitige Personalplanung könnten sie sich die Torschlusspanik bei Saisonbeginn ersparen", sagte Kaske.

Arbeitskräftemobilität setzt Fairness voraus

Im Oktober seien mehr als 35.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tourismus arbeitslos gemeldet gewesen. "Auch wenn sich in dieser Zahl etliche Familienangehörige von Tourismusunternehmern 'verstecken', muss es dennoch ein Leichtes sein, den Arbeitskräftebedarf für die Wintersaison aus diesem Potential zu decken. Voraussetzung ist allerdings, dass die Betriebe ordentliche Löhne und Arbeitsbedingungen bieten, um die Annahme einer Saisonarbeitsstelle auch für jene attraktiv zu machen, die Hunderte Kilometer entfernt wohnen und dadurch erhöhte Kosten für Lebenshaltung, Wohnen und Familienbesuche auf sich nehmen müssen. Wer von den Arbeitskräften mehr Flexibilität und Mobilität verlangt, muss selbst so flexibel sein, bei den Löhnen nicht auf dem Mindestniveau des Kollektivvertrages zu kleben und seine Beschäftigten als Mitarbeiter und nicht als 'Sklaven auf Zeit' behandeln", meinte der HGPD-Vorsitzende.

Saisonniers nur zur Spitzenabdeckung

Kaske betonte, dass er sich zur Beschäftigung ausländischer Saisonarbeitskräfte bekenne, "wenn sie zur Abdeckung der saisonalen Spitzenauslastung" gebraucht würden. Keinesfalls werde die Gewerkschaft HGPD aber dabei zusehen, wenn Saisonniers als "Füllmasse für jene Betriebe herangezogen werden, in denen lediglich 'Schandlöhne' bezahlt werden und Arbeitszeiten rund um die Uhr vorherrschen", so Kaske. Gerade diese Betriebe seien es aber, die -"wie die tibetanischen Gebetsmühlen" - regelmäßig die Forderung nach mehr ausländischen Saisonarbeitskräften erheben.

Mitarbeiterrekrutierung auch in der EU verstärken

Im Osten Österreichs gebe es genügend arbeitslose Tourismusmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die bereit wären, bei ordentlichen Löhnen und zumutbaren Arbeitsbedingungen in der Wintersaison im Westen Österreichs zu arbeiten. Wo diese überregionale Vermittlung nicht ausreiche, müsse auch die EU-interne Rekrutierung von Tourismusbeschäftigten verstärkt werden -"allerdings zu ebenso fairen Bedingungen, wie wir sie für die österreichischen Beschäftigten fordern", meinte Kaske.

Bei der Rekrutierung von Beschäftigten aus der EU habe die Gewerkschaft allerdings in den vergangenen Jahren feststellen müssen, dass eine erkleckliche Anzahl dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon während der Saison, zumindest aber zu Saisonende, dem österreichischen Tourismus unter dem Motto "Einmal und nie mehr wieder" den Rücken kehrten. "Ein Koch aus Schweden beklagte sich darüber, dass man ihm verschwiegen hätte, dass Westösterreich bei den Arbeitsbedingungen offensichtlich den Anschluss an die EU-Standards verpasst habe. Er hätte eher das Gefühl gehabt, irgendwo jenseits des Ural in einer Luxusherberge von Mafia-Bossen zu malochen", erzählte Kaske, der sich auch für eine kritische Überprüfung der Wiedereinstellungszusagen von Arbeitskräften aussprach, "da diese das wahre Ausmaß der Arbeitslosigkeit in den Tourismusberufen verzerren".(ws)

(Fortsetzung)

ÖGB, 7. Dezember 1999 Nr. 583

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