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Presseausendung HochschülerInnenschaft an der Universität Wien

Wien (OTS) - Die ÖH Uni Wien protestiert aufs heftigste gegen den Ruf der Industriellenvereinigung nach "finanzautonomen Universitäten" (Pressedienst der Industrie, 16.2.98) und ist erstaunt darüber, wie im Zuge des Reformdrucks im postsekundären Bildungssektor konsequent die falschen Schlüsse gezogen werden.

Die Industriellenvereinigung will besser qualifizierte Absolventen: "dazu bedarf es Markt und Wettbewerb. (...) Die zukünftige Hochschullandschaft soll aus voll- und teilautonomen Universitäten, Fachhochschulen und Privathochschulen bestehen. (...) Ziel sei eine nach wirtschaftlichen und unternehmerischen Kriterien geführte Universität, die selbst entscheide, ob und in welcher Höhe sie Studiengebühren einführe. (...) Der Weiterbildungsauftrag muß verstärkt wahrgenommen werden, aufgrund der steigenden Nachfrage nach berufsbegleitendem Lernen bietet sich Chancen auf dem Weiterbildungsmarkt".

"Die IV ist offensichtlich vollkommen uninformiert, wo die Schwächen des universitären Lehrbetriebs liegen. Wer kürzere Studienzeiten, höhere AbgängerInnenzahlen und einen stärkeren AkademikerInnenanteil an der Gesamtbevölkerung will, kann nicht Studiengebühren fordern", so Eva Krivanec vom Vorsitzendenteam der ÖH Uni Wien.

Die Suche nach Einsparungsmöglichkeiten sei in den Überlegungen klar zu trennen von der Frage der effizienteren Gestaltung der Studienbedingungen an den Universitäten. Vor allem, da es der IV mit ihrer Forderung nach Senkung des staatlichen Finanzierungsanteils offensichtlich nur um eine nicht zweckgebundene Kostenminimierung und nicht um einen gezielteren Einsatz der bestehenden Ressourcen an den Unis selbst gehe. Die Lehre hat frei zu sein. Frei von staatlicher Regulierung und frei vom Anspruch der Wirtschaft, ihr mit einer rein auf den Arbeitsmarkt abzielenden Bildung entgegenzukommen. Humanistische Bildung und Ethik ist neoliberalen Wetteiferern natürlich ein Dorn im Auge, sieht sich doch den Mensch nicht als Batterie, die kurz vor Pensionsreife einfach weggeworfen wird. Im Vorfeld der sich anbahnenden Informationsgesellschaft sollte es das primäre Anliegen sowohl der Regierung als auch der Wirtschaft sein, die Qualität der Lehre zu verbessern. "Unser Zukunftskapital ist vernetztes Denken, nicht intellektuelle Fließbandarbeit"

Wenn Werner Lukesch, Wissenschaftssprecher der Österreichischen Volkspartei, dazu nur folgendes einfällt: "Studiengebühren bleiben bildungspolitisches Ziel der ÖVP (Presse vom 18.2.98),dann ist das sehr ehrlich, hat aber mit Bildungspolitik nichts zu tun.

Das Recht auf Bildung ist ein Menschenrecht. Qualität und allgemeiner Zugang zur Bildung sind Grundvoraussetzungen für einen demokratischen Staat. Den Zugang aufgrund finanzieller Verhältnisse zu erschweren oder gar zu verhindern ist undemokratisch und ein weiterer Schritt zur Ein- Fünftel-Gesellschaft des Geldadels. Wenn Bildung zum Privileg der Wohlhabenden wird, ist unsere Demokratie nichts mehr wert. Wenn die Industriellenvereinigung "eine nach wirtschaftlichen und unternehmerischen Kriterien geführte Universität" fordert, zeugt das nur vom egozentrischen, eindimensionalen Denken einiger Wirtschaftstreibender, die Bildungspolitik in eigener Sache betreiben wollen.

"Anstatt erneut die Studierenden mit Kosten zu belasten, sollte einmal darüber nachgedacht werden, ob nicht vielleicht auch der Lehrbetrieb bei fehlender Leistung finanziell sanktioniert werden sollte", so Krivanec.

So wird auch mit der Förderung nach zusätzlichen Managementstrukturen vergessen, daß schon seit der letzten Universitätsorganisationsreform auf managementorientierte Strukturen gesetzt wird. Im Zuge dieser Tendenz solle eher an die Verbesserung der Evalution durch geeignete Sanktionsmaßnahmen gedacht werden, anstatt wieder ziellos nach der Daumenschraube Kostensenkung und Gebührenvermehrung zu schreien.

Die ÖH fordert, daß von der Bundesregierung bildungspolitische Konzepte kommen und nicht von Vereinigungen im Interesse der Wirtschaft der Bildungssektor instrumentalisiert und finanziell ausgetrocknet wird.

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