Wo bleibt die Solidarität mit den Jungen?
Maderthaner kritisiert Reformblockierer:Wer Reform verweigert schnürt gigantisches Belastungspaket für Unter-40-Jährige
Wien (PWK) - "Sollten sich die Blockierer aus dem
Gewerkschaftsbund, der Arbeiterkammer und der Beamtengewerkschaft gegen die Reformer Klima & Schüssel tatsächlich durchsetzen, dann gefährden sie am Vorabend unserer EU-Präsidentschaft nicht nur den Bestand dieser Bundesregierung. Sie würden gleichzeitig dafür sorgen, daß durch Nichtstun ein gigantisches Belastungspaket für die heute Unter-40-Jährigen Österreicherinnen und Österreicher geschnürt wird. Wer jetzt nicht bereit ist, das weltbeste, aber sehr teure Pensionssystem nach Rürups Vorschlägen um 20 Prozent billiger zu machen, der soll der österreichischen Jugend ehrlicherweise klar sagen, was das heißt. Denn sollte unser Pensionssystem nach dem Willen der Reformunwilligen so bleiben wie es ist, haben die heute 20Jährigen nur mehr unter drei Übeln zu wählen: Entweder es erhöhen sich ihre Pensionsbeiträge von 22,8 auf 53 Prozent oder es vermindern sich ihre Pensionen um 45 Prozent oder sie können erst mit 76 Jahren in Pension gehen." Das könne nicht das Ziel dieser beharrenden Kräfte sein, betonte WKÖ-Präsident Leo Maderthaner. ****
"Ich stimme deshalb der Aussage des ehemaligen ÖGB-Präsidenten Anton Benya voll zu, wenn er sagt: 'Wer jetzt den Kopf in den Sand steckt, handelt unmoralisch'. Wo bleibt da die Solidarität des Benya-Nachfolgers Fritz Verzetnitsch und der Herren Tumpel und Dohr mit den Jungen?"
Bis auf die in letzter Minute von Sozialministerin Lore Hostasch geäußerten arbeitsrechtlichen Wünsche, die nur die Lohnnebenkosten erhöhen und mit einer Pensionsreform nichts zu tun haben, trage die Wirtschaft alle Reformvorschläge auf der Basis des Rürup-Gutachtens voll mit, betonte Maderthaner. Deshalb sei auch die verschiedentlich geäußerte Kritik an der Problemlösungskapazität der Sozialpartner "im höchsten Maße ungerecht". "Wenn sich eine Seite von vornherein weigert, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen, dann kann es keine ergebnisorientierten Verhandlungen geben". Das habe er schon am 14. August dieses Jahres konstatieren müssen. Jetzt habe diese Erfahrung auch Bundeskanzler Viktor Klima machen müssen. Es sei einfach nicht wahr, daß die Sozialpartnerschaft "tot" sei, wahr sei viel mehr, daß sich zwei Partner, Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer, "tot stellen".
Manche Kräfte im ÖGB und in der SPÖ sollten sich ein Beispiel an England nehmen. Dort hat der erfolgreiche Premierminister Tony Blair seinen Freunden von der Gewerkschaft geraten: "Paßt euch den modernen Zeiten an oder ihr seid zum Aussterben verurteilt." Und dem SPÖ-Vorsitzenden, Kanzler Viktor Klima, ist zu raten, daß er sein Verhältnis zum ÖGB so verändert, wie es Blair getan hat: "Ihr werdet nur dann Einfluß auf meine Regierung haben, " sagte der erfolgreiche britische Premier vor dem letzten Gewerkschaftskongreß, "wenn eure Argumente überzeugend sind. Die Zeiten, in denen in Hinterzimmern Deals zwischen Labour und den Unions ausgebrütet wurden, sind vorbei." Das gelte auch für Österreich und für die "Hinterzimmer in der BAWAG", betonte Maderthaner.
Warum wir Rechtsansprüche ablehnen
"Wir haben den Eindruck, daß Frau Hostasch ihr zusätzliches, arbeitsrechtliches Wunschpaket nur deshalb aus den untersten ÖGB-Schubladen hervorgezogen hat, um die Wirtschaft in eine Nein-Sager-Rolle zu drängen. Wer diese Wünsche im Detail prüft, und auf die betriebliche Praxis umlegt, der erkennt rasch, daß sie jedenfalls kostenintensiv, keinesfalls aber zielführend und letztlich nicht einmal im Interesse der Arbeitnehmer sind.
So soll jeder der nur drei Jahre beschäftigt war gleich einen Rechtsanspruch auf Langzeiturlaub zwischen sechs Monaten und einem Jahr haben. Beginn und Dauer sind mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren, wobei der Urlaub sechs Monate vorher anzukündigen ist. Ist der Arbeitgeber nicht mit dem Urlaub nicht einverstanden, so müßte groteskerweise er Klage führen. Während des Langzeiturlaubs hätte der Dienstnehmer Anspruch auf das Karenzgeld aus der Arbeitslosenversicherung (wie Mutterschutzkarenz). Außerdem soll bereits ab Mitteilung der Urlaubs-Absicht für die Dauer des Langzeiturlaubes Kündigungs- und Entlassungsverbot bestehen. Nach den Vorstellungen des Sozialministeriums soll es keine Verpflichtung geben, für die Dauer des Langzeiturlaubes einen Arbeitslosen einzustellen. "Aus unserer Sicht hat dies Maßnahme mit der Anhebung des faktischen Pensionsanfallsalters überhaupt nichts zu tun und ist daher schon aus diesem Grund strikt abzulehnen. Es würde die Dispositionsmöglichkeit des Dienstgebers in unzumutbarer Weise eingeschränkt und der Standort Österreich für alle Unternehmen nachhaltig verschlechtert, erklärte Maderthaner.
"Ebenso entschieden ablehnen müssen wir das sogenannte Solidaritätsprämienmodell. Wenn vier Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit um 20 Prozent verkürzen, bestünde die Verpflichtung für die Aufnahme eines Arbeitslosen. Um den Einkommensausfall abzudecken, sollen die Arbeitnehmer ebenso wie die neu eingestellte Ersatzkraft ein fiktives Arbeitslosengeld beziehen. Auch diese Maßnahme könnte nur dann mit der Anhebung des faktischen Pensionsanfallsalters zu tun haben, wenn ältere Arbeitslose eingestellt werden. Es ist aber äußerst unwahrscheinlich, und widerspricht jeder betrieblichen Praxis, das im Zuge einer Arbeitszeitverkürzung von einigen Dienstnehmern der Dienstgeber eine ältere Arbeitskraft knapp vor dem Pensionsalter einstellt. Auch diese Maßnahme und den damit verbundenen Kündigungsschutz für die Ersatzarbeitskraft lehnt die Wirtschaft als völlig praxisfremd ab.
Das gleiche gilt für den von Frau Hostasch gewünschten Rechtsanspruch auf Arbeitszeitverkürzung für Arbeitnehmer über 50. Würde man dieses Sonderrecht älteren Arbeitnehmern generell einräumen, dann wären die Dienstgeber kaum noch zu motivieren, ältere Arbeitnehmer einzustellen. Es bestünde viel mehr die Gefahr, daß Arbeitnehmer noch vor Erreichung des 50. Lebensjahres gekündigt werden. Das kann nicht Ziel der Reform sein.
"Es ist einfach unwahr, wenn behauptet wird, daß es in den 'Modelländern' Niederlande und Dänemark solche Rechtsansprüche auf Teilzeitarbeit und Langzeiturlaub gibt. Kein westliches Land praktiziert dieses Modell. Mir scheint, daß es dem Vorbild der längst zugrundegegangenen jugoslawischen Arbeiter-Selbstverwaltung folgt. Eine Umsetzung in Österreich würde weder den Betrieben noch den Beschäftigten nützen," erklärte Präsident Maderthaner abschließend. (Schluß) hv