Umweltpolitik: "Umsetzbarkeitstest" für neue EU-Rechtsakte
Inflationäre EU-Rechtsetzung kurbelt Normenflut an - Proble- matischer Entwurf einer "Richtlinie über Altautoverwertung
Wien (PWK) - Bei der Mitgestaltung der EU-Umweltpolitik sollte Österreich mehr auf die Umsetzbarkeit und Praktikabilität der von Brüssel kommenden Rechtsakte achten. Manche Rechtsakte schreiben zwar anerkennenswerte umweltpolitische Ziele fest, überlassen aber die Auswahl der Instrumente der Zielerreichung den Mitgliedsstaaten, erklärte der Leiter der Umweltpolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer Österreich, Doz. Dr. Stephan Schwarzer, Dienstag in einem Pressegespräch zum Thema "Europäische Umweltpolitik, quo vadis?". ****
Erst auf der Ebene der Umsetzung der Rechtsakte durch die Mitgliedsstaaten wird dann deutlich, daß das Ziel gar nicht oder nur mit erheblichen Nachteilen auf anderen Gebieten, zB Kostenerhöhungen, Gefährdung von Klein- und Mittelbetrieben oder Monopolisierung, möglich ist. Dies hilft den Mitgliedstaaten jedoch wenig, da sie rechtlich zur Umsetzung verpflichtet sind und die Kommission regelmäßig bei fehlender Umsetzung Klage beim Europäischen Gerichtshof erhebt. Als Beispiel nannte Schwarzer den Entwurf für eine "Richtlinie über die Altautoverwertung", die für Konsumenten und Kfz-Wirtschaft erhebliche finanzielle und bürokratische Belastungen bringen würde.
In manchen Bereichen folgen neue EU-Vorgaben in relativ kurzen Abständen, wobei jeweils unterschiedliche Umsetzungstermine festgelegt sind. Für die Mitgliedsstaaten ist es sehr schwierig, die Vorgaben jeweils einzeln ohne Berücksichtigung des Ge-
samtzusammenhanges zu erfüllen. Zur Erarbeitung einer Ge-samtkonzeption, welche sämtliche einschlägigen EU-Notwendigkeiten abdeckt, fehlt es meistens an Zeit.
Ein Beispiel ist die Regelung der Verbrennung von Abfällen: Die EU hat ihre Regelung zunächst auf die Verbrennung gefährlicher Abfälle beschränkt, gleichzeitig jedoch eine Fol-gerichtlinie für die Verbrennung nichtgefährlicher Abfälle angekündigt. Nun stehen die Mitgliedsstaaten vor dem Dilemma, entweder isoliert für die Verbrennung gefährlicher Abfälle eine Regelung einzuführen oder auf die Erlassung der Folgerichtlinie zu warten, um beide Richtlinien gemeinsam - allerdings unter Verletzung der Umsetzungsfrist der ersten Richtlinie - umzuset-zen.
Gerade in den Bereichen, in denen die Mitgliedstaaten ohnehin schon stark durch die Umsetzung von EU-Rechtsakten gefordert sind, sollte die EU Zurückhaltung bei der Erlassung neuer Vorschriften üben. Das Anlagenrecht einschließlich des Rechtes der Umweltverträglichkeitsprüfung ist dafür ein weiteres gutes Beispiel. Hier beabsichtigt die EU nach Erlassung grundlegender Richtlinien über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, über Störfälle sowie über Änderungen zur UVP-Richtlinie jetzt die Erlassung einer weiteren Anlagenrechtsrichtlinie sowie die Schaffung einer Konzept-UVP für Programme und Pläne. Eine Realisierung dieser Vorhaben würde die ohnedies bereits hektische Umweltgesetzgebung im Bereich des Anlagenrechtes noch weiter ankurbeln.
(Siehe auch unsere heutige PWK-Aussendung "Ökofitness vor Beitritt der Oststaaten - Schwerpunkte der österreichischen EU-Umweltpolitik").
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Doz. Dr. Stephan Schwarzer
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Abteilung für Umweltpolitik