• 22.03.2016, 22:40:41
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TIROLER TAGESZEITUNG, Ausgabe vom 23.03.2016, Leitartikel von Mario Zenhäusern: "Aussitzen ist die falsche Antwort"

Innsbruck (OTS) - Einen Tag nach den Terroranschlägen von Brüssel
steht Europa, ja steht die Welt noch immer unter Schock. Die
todbringenden Detonationen am Flughafen und in den Metro-Stationen
der belgischen Metropole haben gezeigt, dass es eine
hundertprozentige Sicherheit nicht gibt. Nicht geben kann. Und dass
auch in Europa jede und jeder mit der Gefahr leben lernen muss,
jederzeit und überall Opfer eines feigen Attentats zu werden. Eine
traurige Gewissheit für uns alle.
Ganz Belgien befand sich nach den Attentaten von Paris, bei denen
im Jänner bzw. November 2015 mehr als 150 Menschen ums Leben kamen,
und den darauf folgenden Festnahmen im Brüsseler Stadtteil Molenbeek
in Alarmbereitschaft. Erst recht, als Spezialtrupps der Polizei vor
vier Tagen mit Salah Abdeslam einen der Drahtzieher von Paris
verhafteten. Doch auch massive Polizei- und Militärpräsenz vermochte
die neuerliche Eskalation der Gewalt nicht zu verhindern.
Der von den Mördertruppen des „Islamischen Staates“ (IS)
gesteuerte, menschenverachtende Terror ist wie Wasser auf die Mühlen
der Kriegstreiber, die aus der zugegeben beklemmenden Situation
(partei-)politisches Kleingeld kassieren wollen. Statt mit
Besonnenheit auf die Anschlagsserie zu reagieren und damit zur
Beruhigung der besorgten Bevölkerung beizutragen, fordern sie
hysterisch mehr Polizei, mehr Geheimdienst, mehr Überwachung, mehr
Kontrolle.
Klar ist, dass nach Brüssel nicht einfach zur Tagesordnung
übergegangen werden darf. Aussitzen ist die falsche Antwort. Jetzt
sind energische Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der inneren
Sicherheit notwendig. Aber: Bei aller notwendigen Härte müssen die
Grundpfeiler demokratischer Rechtsstaatlichkeit außer Streit stehen.
Wer aus Angst vor möglicher Bedrohung überreagiert und alles über
Bord wirft, was Europa und weite Teile der zivilisierten Welt
ausmacht – Frieden, Freiheit, Bürger- und Menschenrechte –, sorgt für
Destabilität und spielt den Aggressoren in die Hände.
Umsicht und Vernunft nach innen, aber Kompromisslosigkeit nach
außen. Im Kampf gegen den IS-Terror sind militärische Aktionen gegen
die Kommandozentralen im Nahen Osten notwendig. Die versprechen nur
Erfolg, wenn eine internationale Allianz mit Bodentruppen vorgeht.
Die Flüchtlingskrise, deren Ursache auch der IS-Terror ist, hat die
innere Zerrissenheit der EU bloßgelegt. Der gemeinsame Kampf gegen
die islamistischen Mörderbanden könnte aufgerissene Gräben wieder
zuschütten.

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